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Verbotsgesetz wird verschärft

Von Georg Hönigsberger

Politik

Zweidrittelmehrheit gesichert: SPÖ will dem Ministerialentwurf zustimmen.


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Drei Gesetzesänderungen stehen an. Im Fokus aller drei Änderungen steht nationalsozialistische Wiederbetätigung. Einem Ministerialentwurf zufolge, der vor drei Wochen von Justizministerin Alma Zadic (Grünen) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) präsentiert wurde, soll Wiederbetätigung künftig teils schärfer bestraft werden.

Da die Gesetzesänderung einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat bedarf, würden die Stimmen der beiden Koalitionspartner für die geplante Änderung nicht ausreichen. Nun scheint das zu greifen, was der geschäftsführende Klubobmann der SPÖ, Philip Kucher, vor wenigen Wochen angekündigt hat: Die Sozialdemokraten geben unter ihrem neuen Parteichef Andreas Babler die zuvor beschlossene Totalblockade von Zweidrittelmaterien der Regierung auf. "Es wäre absurd, wenn gerade die SPÖ diesem Gesetz nicht zustimmen würde", heißt es aus dem SPÖ-Parlamentsklub.

Neben dem Verbotsgesetz sind auch das Vertragsbedienstetengesetz und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen von Neuerungen im Zusammenhang mit nationalsozialistischer Wiederbetätigung betroffen.

Amtsverlust für Beamte und Vertragsbedienstete

Inhaltlich soll die Novelle, wie schon im November angekündigt, mehrere Verschärfungen bringen. Für Beamte soll jede rechtskräftige Verurteilung nach dem Verbotsgesetz zum Amtsverlust führen. So hatte ein Bundesheer-Soldat für Aufsehen gesorgt, der sein Amt nicht verlor, obwohl er sogar in einer SS-Uniform posierte. Darüber hinaus soll es auch strafbar werden, wenn Verstöße aus dem Ausland im Internet begangen werden. Derzeit habe man keine Handhabe, wenn jemand den Nationalsozialismus verherrliche, aber der Server im Ausland liegt, erläuterte Zadic.

Durch eine neue Regelung im Verbotsgesetz soll es Behörden künftig ermöglicht werden, NS-Devotionalien - wie etwa einen Ehrenring der SS - auch ohne Strafverfahren aus dem Verkehr zu ziehen. Derzeit ist es so, dass Gegenstände nur eingezogen werden können, wenn Wiederbetätigung vorliegt. Bloßer Besitz ist nicht strafbar.

Auch soll durch eine Anpassung der Kampf gegen die Verharmlosung von NS-Terror verschärft werden. So soll etwa gegen das Tragen von unter anderem gelben modifizierten Judensternen, wie es im Zuge der "Corona-Demonstrationen" stattfand, effektiver vorgegangen werden können. Dazu soll aus dem Begriff "gröbliche Verharmlosung" im Verbotsgesetz "gröblich" herausgestrichen werden. Ein weiteres Ziel ist es, die Verurteilungsquote bei Verstößen gegen das Verbotsgesetz zu erhöhen.

Ermöglicht werden soll auch die Diversion bei Erwachsenen. Man wolle versuchen, mit Tätern, die einen Fehler eingestehen, in einen Dialog zu kommen, "damit sie sehen, dass sie auf dem Holzweg sind", erklärte Edtstadler.

Fachliche Stellungnahme durchaus positiv

Die ersten externen Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf sind im Parlament bereits eingelangt. Durchaus positiv wird das Vorhaben etwa vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien gesehen: "Die nunmehr differenzierte Ausgestaltung des § 3g des Ministerialentwurfs wird ausdrücklich begrüßt." Es erscheine sachgerecht, "die Wiederbetätigung ohne besondere Anforderungen an die Publizität mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen." Die Öffnung der Diversion wiederum sei "insbesondere in Hinblick auf Ersttäter, ist eine sinnvolle Maßnahme und ermöglicht vielfältige Wege, eine Verfestigung und weitere Radikalisierung zu vermeiden". Weitere Nachschärfung verlangt man seitens des Instituts hingegen in Sachen Internet-Kriminalität.

Die Möglichkeit der Diversion wird auch vom Landesgericht Klagenfurt begrüßt, "zumal damit im Bereich der niederschwelligen Kriminalität Diversionsmaßnahmen auch für erwachsene Straftäter möglich werden". Propagandamaterial könne nach der Neuerung "auch dann eingezogen werden, wenn ein Konnex zur Begehung einer strafbaren Handlung nicht gegeben ist". Sie müssten lediglich aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit die Eignung aufweisen, "zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nach dem Verbotsgesetz verwendet zu werden", erklärt das Landesgericht.

Zahl der Verurteilungen stieg rasant an

Die Zahl der Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz sind laut Statistik Austria in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Während es 2010 noch 40 Verurteilungen waren, stieg die Zahl 2015 auf 67, im Jahr 2020 dann auf 128. Im Jahr 2021 waren es 207 Verurteilungen, 2022 dann 215.

Eine vom Justizministerium beauftragte Arbeitsgruppe hatte in den vergangenen Monaten evaluiert, welche Nachschärfungen und Verbesserungen es im Verbotsgesetz braucht. Teil der Arbeitsgruppe waren unter anderem das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, die Zentrale Österreichische Forschungsstelle Nachkriegsjustiz, das Mauthausen Komitee Österreich und Vertreter der Wissenschaft, der juristischen Berufe, von Justiz- und Innenministerium und dem Bundeskanzleramt.