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Verbund: Ankara soll Strommarkt rasch öffnen

Von Harald Waiglein

Wirtschaft

Gemeinsame Kraftwerks-Pläne | mit Sabanci Holding. | Interesse an | Privatisierungen | in der Türkei. | Istanbul. "Wir wünschen uns eine rasche Vollliberalisierung des Strommarktes - keine Teillösungen, denn das würde der Wettbewerbsfähigkeit der Türkei schaden", sagt Verbund-Vorstandschef Michael Pistauer in Richtung türkische Regierung, als er am Dienstag zum ersten Mal vor die türkische Presse tritt.


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Seit heuer ist der größte heimische Stromerzeuger in der Türkei präsent, und zwar mit der Enerjisa. Die Enerjisa ist ein Joint-Venture mit der türkischen Sabanci Holding, einem Mischkonzern, der 70 Firmen umfasst und zu 74,7 Prozent im Besitz der Industriellen-Familie Sabanci steht.

Die Wachstums-Chancen auf dem türkischen Energie-Markt sind enorm. Die Wirtschaft wuchs in den letzten Jahren im Schnitt um 7 Prozent jährlich, während der Stromverbrauch pro Kopf nur ein Viertel des europäischen Wertes beträgt. Schon jetzt ist Strom knapp. Schätzungen zufolge braucht die Türkei jedes Jahr 4000 Megawatt (MW) an zusätzlichen Kraftwerks-kapazitäten, um den steigenden Bedarf abzudecken. Das entspräche etwa 24 Anlagen von der Größe des Kraftwerks Freudenau. Verständlich daher, dass Pistauer meint: "Die Enerjisa wird unser erfolgreichstes Auslands-Joint-Venture".

Die meisten Kraftwerke sind in Staatsbesitz

Das Problem ist allerdings, dass der türkische Strom-Markt erst zu 39 Prozent liberalisiert ist. 85 Prozent der Kraftwerke befinden sich in Staatsbesitz. Die Preise sind gesetzlich so reguliert, dass die Endkunden derzeit weniger bezahlen als die Großhändler. Die türkische Regierung hat eine Vollliberalisierung bis zum Jahr 2011 in Aussicht gestellt. Vorher - ab etwa 2008 - soll es zu Kraftwerks-Privatisierungen kommen. Hier wollen Verbund und Sabanci auf jeden Fall mitmischen.

Aber auch ohne Kraftwerks-Käufe verfolgt die Enerjisa, die zu je 50 Prozent Verbund und Sabanci gehört, ein ehrgeiziges Ausbau-Programm. Derzeit verfügt die Gesellschaft über Erzeugungs-Kapazitäten von 455 MW. Bis 2015 sollen 6,5 Mrd. Dollar investiert werden, um Wärme- und Wasser-Kraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 5000 MW zu bauen. Am Bau von Atomkraftwerken ist Sabanci zwar auch interessiert, diese sollen aber aus Rücksicht auf österreichische Sensibilitäten nicht im Rahmen des Joint-Ventures mit dem Verbund errichtet werden.

Das Ziel des Ausbauprogramms: Bis 2015 soll die Enerjisa 11 Prozent Marktanteil in der Türkei haben und damit zu den drei bis vier Marktführern gehören, sagt Sabanci-Vorstand Ahmet Dördüncü. Sabanci selbst will zu diesem Zeitpunkt 15 Prozent seiner Umsätze im Energie-Geschäft erzielen.