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Verbund: Wer Postenschacher beklagt, müsste für die Privatisierung sein

Von Harald Waiglein

Analysen

Die Neuordnung des Verbund-Vorstands ist genau so rot-schwarz verlaufen, wie es die "Wiener Zeitung" vorhergesagt hat: Der bürgerliche Hans Haider muss gehen, dafür kommen zwei neue Vorstände: die ÖVP-Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der SPÖ-Wunschkandidat Christian Kern. Somit herrscht im Vorstand wieder ein Gleichgewicht von zwei roten und zwei schwarzen Vorständen. Derzeit stehen zwei schwarze Vorstände (Haider und Finanzvorstand Michael Pistauer) einem roten (Vertriebsvorstand Johann Sereinig) gegenüber.


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Fachlich ist an den Personalentscheidungen nur wenig auszusetzen: Michael Pistauer, der bis 2008 interimistisch das Amt des Generaldirektors übernehmen wird, hat in der Vergangenheit exzellente Arbeit geleistet, ebenso wie Johann Sereinig, der sein Stellvertreter sein wird. Auch an der Qualifikation von Baumgartner-Gabitzer und Kern gibt es keinen Zweifel.

Politische Besetzung

Allerdings gibt es ebenso keinen Zweifel daran, dass es sich bei Baumgartner und Kern um politische Besetzungen handelt. Wären sie nicht die Wunschkandidaten der großen Parteien gewesen - wer weiß, ob sie es trotz Qualifikation in den Verbund-Vorstand schaffen würden.

Politische Besetzungen mag man prinzipiell für falsch halten, vielleicht sogar für bedrohlich (wie zum Beispiel die Verbund-Aktionäre), aber eines sollte man nicht tun: Im Fall Verbund einerseits Postenschacher beklagen, gleichzeitig aber dafür sein, dass Energieversorgungsunternehmen aus strategischen Gründen mehrheitlich im Staatsbesitz bleiben. (Derzeit sieht die Verfassung ja vor, dass die öffentliche Hand mindestens 51 Prozent an Stromversorgungsunternehmen halten muss.)

Eine solche Haltung würde nämlich bedeuten, dass man gleichzeitig für und gegen Staatseinfluss in der Energiewirtschaft ist. Und das erfordert wohl ein hohes Maß an intellektueller Biegsamkeit.

Wer dafür ist, dass die Politik für Stromlösungen, den Schutz der Wasserkraft und gegebenenfalls die Schaffung nationaler Energieriesen zuständig ist, der muss sich auch damit abfinden, dass die Politik für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern nach der politischen Farbenlehre zuständig ist.

Wer hingegen der Meinung ist, dass die Parteien bei der Bestellung von Vorständen nichts mitzureden haben sollten und dass politische Packelei und Proporzbesetzungen etwas zutiefst Unanständiges sind, der muss konsequenterweise auch für ein Ende des staatlichen Mehrheitseigentums in der Energiewirtschaft sein.

Alles andere wäre wohl ein wenig unlogisch. Denn die Republik verhält sich ja zumindest in einer Hinsicht genau wie jeder private Eigentümer: Sie will in ihren Unternehmen die leitenden Funktionen mit Personen besetzen, von denen sie sich die Umsetzung ihrer Ziele verspricht.