Im Verfahren gegen Spitzenmanager der deutschen Commerzbank wegen Geldwäsche ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft nun auch gegen deren Chef Klaus-Peter Müller. Spuren der Affäre führen nach Liechtenstein, Luxemburg, in die Schweiz und nach Dänemark.
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Nun richtet sich der Verdacht auch gegen den Chef selbst. "Das Ermittlungsverfahren erstreckt sich seit wenigen Tagen auch auf den Sprecher des Vorstands der Commerzbank", teilte die Bank am Samstag in Frankfurt mit. Aufsichtsratschef Martin Kohlhaussen und der Vorstand liessen keinen Zweifel an ihrem Unverständnis für die Ausweitung der Untersuchung. Die Commerzbank gehe von der "vollständigen Entlastung" Klaus-Peter Müllers aus.
Tarnfirma in Luxemburg
Für die dubiosen Finanzgeschäfte mit Millionensummen aus Russland interessiert sich die Aufsichtsbehörde, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), seit März 2004. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main hatte ebenfalls im vergangenen Jahr Ermittlungen aufgenommen. Offizielle Angaben über die Grössenordnung der Geldsummen, die unter Beihilfe Schweizer Berater über eine Luxemburgische Tarnfirma - die First National Holding - gewaschen worden sein sollen, gibt es nicht. Laut Medienberichten geht es um 170 Mio. Dollar. Der heutige Bankchef Müller war bis 1999 für das Russlandgeschäft zuständig gewesen.
Beteiligung an Firmen
Hintergrund sind die Vorgänge um die Petersburger Beteiligungsgesellschaft Telecominvest (TCI), die 1994 auf Initiative des heutigen russischen Telekommunikationsminister Leonid Reiman nach der Privatisierung mehrerer staatlicher Telefongesellschaften entstanden war. An der TCI war die First National Holding (FNH) beteiligt, an der wiederum die Commerzbank treuhänderisch die Mehrheit hielt. Nach 2001 soll die von zwei ehemaligen Mitarbeitern der Commerzbank gegründete Frankfurter Kapitalanlagegesellschaft "Eurokapital" das lukrative Geschäft übernommen haben.
In einer Durchsuchungsaktion vor einigen Wochen hatten die Frankfurter Ermittler die Räumlichkeiten von "Eurokapital" ebenso wie Commerzbank-Büros und Privatwohnungen durchforstet. Bisher war von sieben Beschuldigten die Rede gewesen, darunter drei Commerzbank-Mitarbeiter und die beiden ehemaligen Beschäftigten des Kreditinstituts. Auch Fahnder in der Schweiz und Liechtenstein schalteten sich ein. In der Schweiz sollen Wirtschaftsanwälte die russischen Hintermänner dabei beraten haben, die Herkunft der Millionen durch ein Geflecht von Scheinfirmen zu verschleiern.
Strohmann aus Dänemark
Strohmann des russischen Ministers Reiman bei der TCI war nach Erkenntnissen der Frankfurter Ermittler ein dänischer Anwalt. Mit dem Minister und dem Anwalt hat sich Commerzbank-Chef Müller, der bis 1999 für das mittel- und Osteuropa-Geschäft zuständig war, damals mindestens einmal zum Essen getroffen. Das schreibt das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner jüngsten Ausgabe.
"Es ist nicht verwunderlich, wenn das Vorstandsmitglied einer deutschen Bank einen Moskauer Politiker persönlich kennt", sagte ein Commerzbank-Sprecher am Wochenende. Der Aufsichtsbehörde seien die Umstände des Vorgangs seit Langem bekannt. Die BaFin habe bisher keine Vorwürfe gegen den Commerzbank-Chef erhoben. Geschäftsführer Ulrich Hocker vom Aktionärsverband Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) mahnte im Berliner "Tagesspiegel am Sonntag", man müsse den Ausgang des Verfahrens abwarten. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft würden gerne dazu missbraucht, Personen in Verruf zu bringen.