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Voest und OMV am großzügigsten. | Bei ATX-Firmen im Durchschnitt 20.000 Euro üblich. | Spitzengagen bei rund 60.000 Euro. | Der 72-jährige Ulrich Hartmann, früher Vorstandschef der deutschen Energieriesen Veba und E.ON, sprüht immer noch vor Energie: Er legte zwar einige Funktionen bereits zurück, etwa bei der Deutschen Bank oder Henkel, aber als Aufsichtsratschef von E.ON bezog er 2009 erfreuliche 453.000 Euro.
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Auch die Düsseldorferin Simone Bagel-Trah (40) hat lukrative Nebenjobs: Seit Herbst des Vorjahres fungiert die promovierte Biologin und zweifache Mutter als Vorsitzende des Henkel-Aufsichtsrats, obendrein steht sie dem Gesellschafterausschuss vor. Das bringt ihr jährlich an die 400.000 Euro. Die Ururenkelin des Henkel-Gründers ist die erste Frau, die im Aufsichtsrat (AR) eines börsenotierten deutschen Konzerns die erste Geige spielt. Sie gilt derzeit, so wie Hartmann, als eines der bestbezahlten Kontrollorgane in Deutschland.
Österreichs Aufsichtsräte können von solchen Summen nur träumen. Selbst Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer, der kürzlich einen fliegenden Wechsel vom Alpine- in den Strabag-Aufsichtsrat vollzog, muss in einer anderen Liga antreten. Die Aufpasser in den rot-weiß-roten Konzernen werden laut zwei Untersuchungen aus jüngster Zeit vergleichsweise bescheiden honoriert, aber dafür für vermeintliche Unterlassungen umso mehr kritisiert. Der Eindruck hat sich verfestigt, dass sie ihre Tätigkeit bisweilen nur oberflächlich ausüben und daher Skandale à la Kommunalkredit oder Hypo Alpe Adria in der Regel glatt verschlafen.
Eine Analyse der Firma Deloitte Human Capital kommt zum Schluss, dass Aufsichtsräte börsenotierter Unternehmen mit einer jährlichen Grundvergütung von je 5000 bis 15.000 Euro rechnen können. In sechs von zehn Fällen kommen noch bis zu 5000 Euro Sitzungsgelder oder - in jedem siebenten Fall - vom Unternehmenserfolg abhängige Bonuszahlungen dazu. Die durchschnittliche Abgeltung einer Sitzung beträgt 365 Euro.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens Kienbaum, die sich freilich auf das Jahr 2008 bezieht, gelangt zu ähnlichen Resultaten: Im Schnitt werden diese Funktionen hierzulande mit 18.700 Euro abgegolten, wobei es eine beträchtliche Bandbreite gibt. Sicher ist jedenfalls, dass solche oft ehrenhaften Jobs deutlich weniger bringen als den deutschen Kollegen. Im Nachbarland beträgt die durchschnittliche Vergütung laut Kienbaum immerhin 23.400 Euro, bei den 30 führenden DAX-Konzernen sogar 85.000 Euro.
Der Chef eines Aufsichtsrats wird da wie dort deutlich besser als einfache AR-Mitglieder honoriert, aber mehr als 60.000 Euro jährlich sind in Österreich auch kaum erreichbar. Ex-ÖIAG-Vorstand Rainer Wieltsch, dessen Mühen als OMV-Präsident zuletzt mit 77.000 Euro (ohne Sitzungsgelder und Reisespesen) abgegolten wurden, zählt zu den raren Ausnahmen. Dank zwei weiteren Funktionen, bei Telekom und Post, schafft er alles in allem 120.000 Euro, für die er lediglich 20 Sitzungen bestreiten muss.
Eine Million Euroist durchaus drin
Die Kienbaum-Studie wartet mit der Milchmädchenrechnung auf, dass Aufsichtsräte in etwa 15 Tage pro Jahr für ihre Aktiengesellschaft tätig wären. Konsequenz: Sie seien derzeit unterbezahlt und sollten für den bisweilen stressigen Job zumindest 30.000 Euro erhalten - schließlich liege der Tagessatz von gefragten Unternehmensberatern bei 2000 Euro.
Dieser Idee können etliche nicht allzu großzügig bezahlte Aufsichtsräte einiges abgewinnen, sodass sich allmählich eine einschlägige Lobby zu formieren scheint. Der steirische Industrielle Gilbert Frizberg etwa, der dem Verbund-Aufsichtsrat vorsitzt und dafür 34.000 Euro erhält, muss zum Beispiel damit leben, dass deutsche Top-Unternehmen wie ThyssenKrupp eine solche Funktion mit dem siebenfachen Betrag honorieren. Die Spitzengagen für Top-Kontrollorgane, etwa bei Henkel, E.ON oder Siemens, liegen sogar irgendwo zwischen 400.000 und 500.000 Euro.
Freilich: In der Regel begnügen sich Österreichs Aufsichtsrats-Promis nicht mit einem einzigen Mandat, sondern üben zumeist gleich mehrere aus, womit die Vergütungen erst ein halbwegs ansehnliches Ausmaß erreichen.
Ludwig Scharinger etwa, Boss der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich, bekleidet gleich 16 Aufsichtsratsposten; EVN-Chef Burkhard Hofer und Uniqa-Vorstandsvorsitzender Konstantin Klien schaffen neben ihrem Hauptjob jeweils 12 Mandate; auf immerhin elf derartige Ämter bringen es u. a. Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad, der Fruchtsaftproduzent Franz Rauch und Voest/Böhler-Vorstand Claus Raidl. Letzterer überwacht neben ein paar Voest-Töchtern die Wiener Börse und die Ziegelfirma Wienerberger und steht, quasi als Draufgabe, dem Generalrat der Nationalbank als Präsident vor.
Selbst notorische Ämterkumulierer verdienen indes nicht annähernd so viel wie ihre bundesdeutschen Pendants: Gerhard Cromme etwa, früher Boss bei ThyssenKrupp, schafft insgesamt Vergütungen von mehr als einer Million Euro. Der 67-jährige Multi-Funktionär ist sowohl bei seinem einstigen Arbeitgeber als auch bei Siemens Aufsichtsratschef und übt obendrein vier weitere Ämter aus.
Tricks, um mehrGage zu kriegen
Während deutsche Aufsichtsratsgremien mit bis zu 20 Mitgliedern bestückt und europaweit die absolut größten sind, kommen österreichische Firmen mit weniger Kontrolloren aus - durchschnittlich neun bis zwölf, inklusive der Arbeitnehmervertreter. Die teilweise ziemlich komplizierten Spielregeln für Aufsichtsräte sind hierzulande ebenso unterschiedlich wie die Honorierung. Erste Group und Voest alpine, die für sieben bzw. fünf Sitzungen weit mehr als 450.000 Euro springen lassen, erweisen sich als am großzügigsten. Die Semperit AG Holding und A-Tec kommen mit einem Fünftel davon aus. Manche Firmen, etwa der Kranhersteller Palfinger und der Baukonzern Alpine, zahlen ihren Aufsichtsräten gar nichts - was sicher zu wenig ist.
So wie die Wienerberger AG, die ihrem Aufsichtsrat zuletzt nur noch 215.000 statt 343.000 Euro zukommen ließ, wollen viele andere Betriebe auch hier eisern sparen, sowohl beim Fixum als auch beim variablen Teil der Vergütung. Geplante Erhöhungen bei Post und Telekom wurden jedenfalls auch vom Finanzminister durchkreuzt. Der Arbeitsaufwand der Aufpasser ist nämlich im Normalfall nicht wirklich beeindruckend: Während derartige Gremien in Großbritannien durchschnittlich neun Mal und in Italien sogar zwölf Mal jährlich tagen, findet man bei rot-weiß-roten Unternehmen zumeist mit fünf Sitzungen das Auslangen. Lediglich in Ausnahmefällen gibt es wie 2009 beim Flughafen Wien gleich 14 hektische Zusammentreffen.
Die zeitliche Belastung nimmt allerdings in allen Fällen durch die Treffen der diversen von den Aufsichtsräten gebildeten Ausschüsse zu. Beim Verbund etwa kommen neun solche Meetings hinzu, für die pro Teilnehmer 400 Euro Sitzungsgeld fällig werden. Übrigens: Der Leuchtenhersteller Zumtobel zeigt sich diesbezüglich besonders spendabel und belohnt seine Aufpasser pro Sitzung gleich mit 3000 Euro "Anwesenheitsgeld".
Manche Aufsichtsräte verstehen es, die nicht gerade berauschenden Gagen für ihre durchaus imageträchtige Position geschickt aufzufetten: Sie übernehmen einfach - ganz legal - einen zusätzlichen Beratungsauftrag "ihres" Unternehmens, was beispielsweise dem bisherigen Strabag-Aufsichtsratsboss Waldemar Jud jährlich bis zu 100.000 Euro bescherte.
Hannes Androsch ist da sogar ein Großmeister: Als Aufsichtsrat von AT&S und Bwin muss er sich zwar mit relativ mickrigen Vergütungen begnügen - für zusätzliche Beratungsleistungen bekommt er jedoch jeweils ein paar hunderttausend Euro überwiesen.
In der Regel begnügen sich Österreichs Aufsichtsrats-Promis nicht mit einem einzigen Mandat.
Österreichische Firmen kommen mit weniger Kontrolloren aus.