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Für die Rolle des Iran-Gesandten der USA gäbe es zwei fähige Kandidaten: Brent Scowcroft und Zbigniew Brzezinski. Es gibt wohl niemanden, der mehr von Außenpolitik versteht.
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Wen wird Präsident Obama wohl zum Iran-Gesandten der USA machen? Wem wird er die seit Jahrzehnten vielleicht wichtigste diplomatische Aufgabe übertragen? Ganz oben auf meiner Liste stehen Zbigniew Brzezinski und Brent Scowcroft, frühere Sicherheitsberater, der eine in der Regierung von US-Präsident Jimmy Carter, der andere bei Präsident George H. W. Bush. Sie würden die Aufgabe mit der Tradition überparteilichen strategischen Denkens verbinden, das die Rolle der USA in der Welt geprägt hat. Diese beiden 80-Jährigen verstehen nicht weniger gut als unser jugendlicher Präsident, dass die Zeit gekommen ist, ein neues Kapitel in der US-Außenpolitik aufzuschlagen.
Voriges Frühjahr hatte ich Gelegenheit, viel Zeit mit Brzezinski und Scowcroft zu verbringen, daher kenne ich ihre Ansichten zu Verhandlungen mit dem Iran ziemlich genau. Wir leiteten gemeinsam eine Diskussion, aus der später ein Buch wurde: "America and the World: Conversations on the Future of American Foreign Policy". Das Ganze war ein Experiment, das zeigen sollte, ob ein Demokrat und ein Republikaner gemeinsam neue Perspektiven finden können. Und sie konnten, und zwar bei fast allen Themen.
Besonders klar trat die Fähigkeit der beiden, sich auf neue Ideen einzulassen, bei den Gesprächen über den Iran hervor. Beide vertraten die Ansicht, dass die Isolationspolitik der Bush-Regierung dem Iran gegenüber ein Fehler war und ebenso der Versuch, dem Iran die Bedingungen für Gespräche über sein Atomprogramm zu diktieren.
Im erwähnten Buch frage ich Brzezinski und Scowcroft, was sie auf ihre Fahnen schreiben würden, sollten sie eines Tages gemeinsam auf eine Iran-Mission geschickt werden. Scowcroft würde dem Iran Folgendes sagen: Den USA ist klar, dass die Iraner in einer gefährlichen Region leben, daher sind sie bereit, Gespräche über ein regionales Sicherheitssystem zu führen - erstens. Und zweitens: Egal, ob der Iran nun tatsächlich auf Atomwaffen aus ist oder nicht, psychologisch destabilisiert die Vorgehensweise die gesamte Region. Sie ist gefährlich. Sie wird Gegenangriffe auslösen. Wir sollten daher besser gemeinsam an diesem regionalen Sicherheitssystem arbeiten. Dann braucht der Iran keine Atomwaffen.
Brzezinski stimmte dem zu und ergänzte: Sicherheit für alle können wir nur erreichen, wenn wir uns zusammensetzen und über Abläufe nachdenken, die den Iranern zum gewünschten friedlich genutzten Atomprogramm verhelfen und den USA zur gewünschten Sicherheit, dass es auch ausschließlich dabei bleibt.
Beide äußerten sich zuversichtlich, mit dem Iran ins Gespräch zu kommen. Das heißt aber nicht, dass sie nicht auch anders können. Auch militärische Aktionen sind ihnen nicht fremd, wie sie bereits bewiesen haben. Scowcroft war zum Beispiel Chefstratege des Golfkriegs 1991. Aber Brzezinski und Scowcroft sind überzeugt, dass man dem Iran am besten mit Diplomatie begegnet.
Nur bei wenigen Punkten gehen die Meinungen der beiden auseinander, so zum Beispiel bei der Frage, ob bereits die ersten Gespräche mit dem Iran offen geführt werden sollen, wofür Brzezinski eintritt, oder doch besser vorerst geheim, was Scowcroft bevorzugt. Einigkeit herrscht aber darüber, dass Iran-Gesandte einen Repräsentanten von Religionsführer Ayatollah Ali Khamenei treffen sollten.
Ausgerechnet diese beiden verdienten Politiker in den Iran zu entsenden, hätte den Vorteil, dass sie es den Iranern sehr viel schwerer machen würden, ihre üblichen politischen Spiele zu spielen. Ich bin in dieser Angelegenheit voreingenommen: Ich mag die beiden. Aber ich kenne auch niemand, der mehr von Außenpolitik versteht.
Übersetzung: Redaktion