Das künftige EU-Militärbündnis Pesco wird für Österreich teuer. Im Wahlkampf hat dieses Thema aber erstaunlicherweise keine Rolle gespielt.
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23 EU-Mitgliedstaaten - unter ihnen selbstverständlich auch Österreich - haben am Montag eine gemeinsame Mitteilung über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (Pesco) im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik unterzeichnet und an die Hohe Vertreterin und den Rat übergeben. Den Beschluss zur Schaffung dieser Kooperation muss der EU-Ministerrat mit verstärkter qualifizierter Mehrheit annehmen. Wenn alles nach Plan läuft, wird das am 11. Dezember geschehen. Dann wird das "Militär-Schengen" Wirklichkeit.
In Österreich bricht jetzt in einer breiten Öffentlichkeit die Diskussion darüber los, was das nun konkret für ein neutrales Land bedeutet und warum man da überhaupt mitmacht. Und wie so oft macht sich Verwunderung darüber breit, wie es dazu kommen konnte. An mangelnder Transparenz lag es jedenfalls nicht.
Kontinuierliche Erhöhung des Verteidigungsbudgets
Die Möglichkeit der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist durch den Vertrag von Lissabon vorgesehen. Dieser gilt immerhin schon seit dem 1. Dezember 2009, und in den vergangenen Jahren war für jeden halbwegs politisch Interessierten klar, wohin die Reise der europäischen Integration demnächst gehen würde: in Richtung einer engeren Zusammenarbeit und Koordinierung all jener EU-Staaten, die im Bereich Sicherheit und Verteidigung enger zusammenrücken wollen. Damit soll die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit entwickelt und verstärkt werden. Zusätzlich wird in gemeinsame Projekte investiert und die operative Einsatzbereitschaft verbessert. Und schließlich soll der jährliche Budgetbeitrag für den Bereich Verteidigung und Streitkräfte erhöht werden.
Wer nun die Begleitdokumente vom 13. November liest, wird sehen, dass jedes teilnehmende Land kontinuierlich sein Verteidigungsbudget erhöhen muss. Es werden zwar derzeit noch keine konkreten Zahlen genannt. Aus Brüsseler Expertenkreisen werden aber schon einmal die ominösen "2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts" als letztendliches Ziel genannt. Damit wird das bekannte - und heftig umstrittene - Nato-Finanzierungsziel zum Vorbild genommen.
Für das neutrale Österreich würde das - auf Basis der jetzigen Budgetzahlen - nichts weniger als eine Verdreifachung des Verteidigungshaushaltes bedeuten. Ein ambitioniertes Ziel. Auch und insbesondere angesichts der sich abzeichnenden Einsparungen der kommenden neuen Bundesregierung. Salopp könnte man sagen: Die ventilierten künftigen Strafzahlungen für ungerechtfertigte Ambulanzbesuche oder auch die vor der Tür stehenden Studiengebühren für Berufstätige gehen so dann eben in ein höheres Verteidigungs- und Rüstungsbudget.
Kurz und Doskozil in trauter Übereinstimmung
In jedem normalen Land dürfte man erwarten, dass dies Gegenstand der politischen Auseinandersetzung wäre. Insbesondere in Wahlkampfzeiten, wo sich die einmalige Möglichkeit böte, das kontroverse Thema auf die große Bühne der innenpolitischen Auseinandersetzung zu bringen. Nicht jedoch so in Österreich.
Dabei hätte man es jederzeit und leicht zugänglich lesen können: Am 18. September haben Außenminister Sebastian Kurz und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil - mitten im Wahlkampf und trotzdem in trauter Übereinstimmung - einen entsprechenden gemeinsamen Vortrag an den österreichischen Ministerrat unterzeichnet. Den im Dokument enthaltenden Satz, mit dem Beitritt zum "Militär-Schengen" seien "keine Kosten verbunden", wird man in Erinnerung halten müssen.