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Vereinfachungsprojekt vorerst "gescheitert"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Experten bezweifeln Sinnhaftigkeit. | Vergleichbarkeit der Bilanzen fraglich. | Brüssel. Für börsenotierte Unternehmen ist die Rechnungslegung nach den Regeln des International Accounting Standard Boards (IASB) bereits seit Anfang des Jahres gesetzlich vorgeschrieben. Nicht kapitalmarktorientierte Klein- und Mittelbetriebe (KMU) dagegen schließen im deutschsprachigen Raum weiterhin fast ausschließlich nach den Bestimmungen des nationalen Handelsgesetzbuches (HGB) ab. Und nach Meinung führender Steuerrechtler wird das auch noch eine Weile so bleiben. Denn das Projekt des in London angesiedelten IASB zur Entwicklung von internationalen Standards (International Financial Reporting Standards/IFRS) für KMU sei "zum gegenwärtigen Zeitpunkt als gescheitert zu betrachten", erklärte Jörg Baetge, Leiter der Forschungsgruppe an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, bei der gemeinsamen Herbst-Tagung der deutschen Bundessteuerberaterkammer und der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder in Brüssel.


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Der wesentliche Unterschied zwischen der Bilanzierung nach IFRS und HGB liegt in der Zielsetzung. Während die internationalen Standards vor allem "entscheidungsnützliche Informationen" für Investoren (Aktionäre) liefern sollen, haben das deutsche und das österreichische Handelsrecht in erster Linie den Gläubigerschutz nach dem Vorsichtsprinzip im Visier. Das äußert sich vor allem in der Bewertung. So müssen laut IFRS etwa Gebäude und Grundstücke nach dem oft um ein vielfach höheren aktuellen Marktwert bilanziert werden anstatt mit dem bisher gängigen niedrigeren Einkaufspreis.

Zweifel an Vorteilen

Und Baetge bezweifelt die propagierten Vorteile eines Einsatzes der IFRS für KMU wie die international bessere Vergleichbarkeit der Bilanzen sowie sinkende Fremdkapitalkosten. Beim derzeitigen Ausarbeitungsstand der IFRS für KMU sei die Vergleichbarkeit fraglich. Schließlich seien KMU nach dem letztgültigen Arbeitsentwurf des IASB lediglich negativ als Unternehmen definiert, "die nicht der öffentlichen Rechenschaftspflicht unterliegen, an deren Abschlüssen aber trotzdem externe Adressaten interessiert sind." Der genaue Anwendungsbereich werde jedoch den nationalen Gesetzgebern überlassen. Auch scheine der Nachweis der Bonität im Vordergrund zu stehen, und nicht die Entscheidungsnützlichkeit für Investoren. Diese Anforderung erfüllten nationale Rechnungslegungsvorschriften auf Basis von zuverlässigen Anschaffungs- und Herstellungskosten aber bereits.

Zwar wirke der Entwurf der IFRS für KMU schlanker als die Version für Konzerne. Das täusche aber insofern, als in Fragen, die nicht explizit behandelt würden, auf die Vollversion zurückgegriffen werden müsse. Das habe die fatale Folge, dass KMU beide Regelwerke kennen und anwenden müssten.

Von steigenden Kapitalmarkt- und hohen Umstellungskosten beim Wechsel von HGB auf IFRS berichtet auch Thomas Schildbach, der den Lehrstuhl für Revision und Unternehmensrechnung an der Universität Passau leitet. Die geplanten Regeln des IASB seien zu komplex für den Mittelstand und nähmen nicht auf dessen spezifische Probleme Rücksicht, etwa wichtige Geheimhaltungserfordernisse. Selbst Oliver Roth, Mitglied der Arbeitsgruppe des KMU-Projekts des IASB, warnt: "Das, was uns erwartet, könnte einem Abenteuer gleichen, dem wir uns noch nicht aussetzen sollten."