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Die Bundesregierung will diese Schwäche des Wirtschaftsstandorts durch eine Gesetzesänderung beseitigen.
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Mehrjährige Genehmigungsverfahren bei Behörden und vor Gericht; jahrzehntelange Verschleppung standortkritischer öffentlicher Infrastrukturprojekte wie der dritten Flughafenpiste in Wien-Schwechat oder der 380-kV-Leitung in Salzburg; unternehmerische Großinvestitionen, deren Fertigstellung sich im dichten Regelungsgestrüpp verheddert und verzögert. Das ist das Bild, das die öffentliche Meinung in Österreich und die Beurteilung des Wirtschaftsstandorts Österreich durch nationale und internationale Investoren prägt. Dieses Bild wurde traumatisch durch den negativen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2017 über die dritte Flughafenpiste verstärkt.
Selbstverständlich müssen Gerichte die Einhaltung von Emissionsgrenzen durchsetzen, aber es kann nicht sein, dass sie der Politik vorschreiben, wie dies zu geschehen hat, etwa durch Einschränkungen des Flugverkehrs statt des Pkw-Verkehrs. Und es kann auch nicht sein, dass in Österreich notwendige Abwägungen zwischen ökologischen und ökonomischen Anforderungen systematisch zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit und damit der Schaffung von Wohlstand gehen. Wenige Monate später hat der Verfassungsgerichtshof übrigens das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Bundesregierung will diese Schwäche des Wirtschaftsstandorts nun im Rahmen eines Standortentwicklungsgesetzes und einer Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes beseitigen. Projekte von besonderem öffentlichen Interesse, deren Verfahren eine gewisse Frist überschreiten, sollen als genehmigt gelten (Genehmigungsfiktion) und Vorbringen im
Verfahren nur noch innerhalb einer kürzeren Frist möglich sein.
Wolfgang Rehm von der Umweltorganisation Virus hat in seinem Gastkommentar am 1. August an dieser Stelle die wahren Schuldigen an der langen Verfahrensdauer ausgemacht: natürlich nicht die vertrackte Verfahrensarchitektur, sondern die schlechten und unvollständigen Einreichungsunterlagen der professionellen Projektwerber, wie Asfinag, Austrian Power Grid usw., die doch selbst größtes Interesse an einer zügigen Verfahrensabwicklung haben.
Diese grenzwertige Argumentation wird zur Verhöhnung, wenn Rehm an anderer Stelle meint, die Umweltverträglichkeitsprüfung sei in Österreich lediglich ein "Abnickverfahren". Offensichtlich findet sich Rehm - bekanntermaßen kein Freund unseres erfolgreichen marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems - nur schwer damit ab, dass "systemstützende" Investitionsprojekte überhaupt genehmigt werden.
Wenn Rehm meint, die juristische Elite dieses Landes beurteile die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen als rechtswidrig, übersieht er die viel vorsichtiger formulierten tatsächlichen Äußerungen.
Vor allem aber sind diese Experten herzlich gebeten, nicht nur nach typisch österreichischer Art aufzuzeigen, was rechtlich nicht gehen könnte, sondern sich konstruktiv zur Fragestellung einzubringen, wie eine deutliche Verfahrensverkürzung bei vorrangigen Projekten erreicht werden kann und welche Best-Practice-Beispiele dafür es international gibt.