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Verfahrene Situation um Salzburgs Frauenhäuser

Von Martina Madner

Politik
Sicherheit und Schutz der von Gewalt betroffenen Frauen wollen beide Seiten. Wie das bestmöglich funktioniert, sehen sie unterschiedlich.
© Unsplash/Karl

Disput um Salzburger Frauenhäuser: Land verlangt in der Ausschreibung mehr Angebot, die Frauenhäuser orten Zerstörung guter Strukturen.


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Wien. Eigentlich geht es allen um den optimalen Schutz von Frauen vor Gewalt in der Familie. Die in der Salzburger ÖVP-grün-liberalen Koalition für die Frauenhäuser zuständige Landesrätin Andrea Klambauer (Neos) veröffentlichte nun am Donnerstag die erste Phase der europaweiten Ausschreibung für "Schutzunterkünfte für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder im Bundesland Salzburg"- was die Vertreterinnen der Autonomen Frauenhäuser auf die Barrikaden treibt.

Erste Phase der Ausschreibung startet

"Die beiden Frauenhäuser Salzburg und Hallein liegen in nur 20 Kilometer Entfernung voneinander, es geht mir auch um die Schutzbedürfnisse der Frauen in den anderen Regionen", erklärt Klambauer. Seit zehn Jahren gebe es solche politischen Überlegungen, schon von ihren Vorgängerinnen aus der SPÖ und den Grünen, "das Angebot aber wurde nicht weiterentwickelt", begründet die Landesrätin, warum sie nun auf die Ausschreibung setzt.

Im am Donnerstag um 10 Uhr auf dem Internet-Portal des Auftragnehmerkatasters Österreich (AKNÖ) veröffentlichten Dokument zu Phase eins ist von mindestens 27 Plätzen für Frauen, außerdem weiteren für deren Kinder die Rede, so wie es sie bisher in den Frauenhäusern Salzburg und Hallein gab. Es werden allerdings "mindestens drei Standorte in unterschiedlichen Bezirken verlangt, einer davon in der Stadt Salzburg oder deren unmittelbaren Nachbargemeinden". Außerdem müsse das Konzept später verschiedene Gefährdungsstufen und "Überbrückungsmöglichkeiten für Frauen mit fehlender Wohnversorgung" vorsehen. Also eine Aufteilung der bisherigen Frauenhausplätze auf mehr Standorte: "Die selben Mittel für mehr Standorte und Leistungen bedeuten eine Qualitätsminderung an jedem einzelnen. Eine einfache Rechnung, die sich nicht ausgeht", schließt Doris Weißenberger, die Leiterin des Frauenhaus Hallein, daraus.

Bisher erhielten beide Salzburger Frauenhäuser insgesamt 1,2 Millionen Euro der Kosten. Dazu kamen kleinere Beiträge vom Bund und den Gemeinden sowie Spenden und ehrenamtliche Unterstützung. "Das Haus in Hallein steht uns mietkostenfrei zur Verfügung", rechnet Weißenberger vor. Das Frauenhaus sei aus der Mitte der Bevölkerung heraus entstanden, "es gibt kaum ein anderes Frauenhaus, das so eingebunden ist in die Bevölkerung, das Schutz in der Nähe bietet und garantiert, dass der Zugang niederschwellig ist", sagt sie auch. Und schließt aus dem Ansinnen, das nun mittels Ausschreibung neu zu bewerten: "Da werden Strukturen, die in 30 Jahren aufgebaut wurden, ausradiert und zerstört."

Das sieht die Landesrätin anders, sie sagt: "Das bisherige Budget ist nicht begrenzt, es braucht neben den Akutplätzen auch Geld für die Übergangs- und Schutzwohnungen. Außerdem können es auch mehr als die 27 Plätze sein. Es geht mir nicht ums Sparen, sondern um Investitionen." Der Richtwert liege pro Platz und Jahr bei 45.000 Euro, bei der Vergabe zähle zu 60 Prozent die Qualität, zu 40 Prozent der Preis.

Qualitätsdiskussionen und Vertrauensfragen

Autonome Frauenhäuser arbeiten mit Qualitätskriterien: Sie gewährleisten die Anonymität der Frauen gegenüber Behörden, die Häuser sind zum Schutz der Frauen gesichert, unterstützen und beraten die Frauen psychosozial und juristisch, auch bei Prozessen. Sie geben Daten nicht weiter, "aus Datenschutzgründen, und es wäre ein Missbrauch des Vertrauens der Frauen", sagt Weißenberger. Diese Grundsätze sieht sie in Gefahr.

Vorfälle in der Vergangenheit haben Misstrauen gegenüber der Politik genährt. Beide Frauenhausleiterinnen erzählen davon, dass das Land Salzburg Einblick in die Dokumentation von Beratungsgesprächen haben wollte. Gewalttäter bzw. deren anwaltschaftliche Vertretung hätten sich ans Land gewandt und beklagt, dass sie fälschlicherweise beschuldigt würden. Und dann kam der Anruf, Täter und ihre Verteidigung versuchten damit an Informationen zu gelangen, die sie gegen die von Gewalt betroffenen Frau verwenden könnten, erklärt Birgit Thaler-Haag, die Leiterin des Salzburger Frauenhauses. "Das war ein Überschreiten einer roten Linie. Wir sagen den Frauen Verschwiegenheit zu, die Frauen vertrauen niemandem mehr, wenn sie Gewalt erlebt haben. Wir erarbeiten uns das Vertrauen über Wochen, haben natürlich Nein gesagt."

Klambauer bestätigt, dass eine Mitarbeiterin des Frauenreferats im Frauenhaus angerufen habe, versteht aber die Aufregung darüber nicht: "Man wird doch nachfragen dürfen." Sie bezweifele auch nicht die Qualität der Arbeit der Frauenhäuser, weiß, nach welchen Kriterien sie arbeiten. Bei einer Teilnahme an der Ausschreibung werde die Qualität auch nicht von ihr, sondern einer Experten-Kommission bewertet. Denn neben der Erklärung der Bewerberinnen über die notwendige Eignung, Zuverlässigkeit und Befugnis, sieht Phase eins ein persönliches Gespräch mit einer Kommission vor. In dieser seien die Leiterin eines Frauenhauses aus Bayern, die Leiterin des Gewaltschutzzentrums Salzburg sowie je eine Person als Vertretung der Polizei, des Sozialbereichs, des Vergaberechts und des Frauenreferats des Landes Salzburgs.

Nur eine weitere Schutzwohnung

Auch die beiden Frauenhausleiterinnen könnten sich ebenso als Arbeitsgemeinschaft bewerben und der Kommission ihre grundsätzlichen Vorstellungen vorstellen:  "Sie müssten die beiden Frauenhäuser nur um eine weitere Schutzwohnung ergänzen - und wenn die Kommission ihr Konzept für das beste hält, ist das eben so", sagt Klambauer.

Bedenken, dass die Frist für Phase eins, sie endet mit 23. Juni, zu kurz ist oder Personalressourcen, die im Frauenhaus gebraucht werden, binde - entgegnet sie: "Gerade Frauenhäuser haben ja schon Grundsätze, die sie da erklären müssen." Für die Vorbereitung der ersten Phase vermutet sie einen Zeitaufwand einer halben Stunde, für die zweite geht sie von rund zehn Stunden aus.

Von Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) heißt es zu dieser Auseinandersetzung nur knapp: "Für mich hat oberste Priorität, dass die Kapazitäten und die Qualität der Frauenhäuser jederzeit gesichert sind und Frauen immer einen Zufluchtsort haben." Ob die eine Ausschreibung dazu beitragt, möchte sie nicht bewerten: "Die Einscheidung über eine Ausschreibung ist ausschließlich Landeskompetenz."