Mehr Geld und Personal für Verwaltungsgerichtsbarkeit.
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Wien. Ein Preisgeld für Richter, die in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Fälle abhaken: Mit dieser Idee haben schon einige Staaten gespielt - mit dem Ziel, Gerichtsverfahren zu beschleunigen. Heinrich Zens, der Präsident der Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter, lehnt solche Mengenprämien für seine Berufsgruppe ab. Denn für ihn steht fest, dass die Beschleunigung der Verfahren nicht auf Kosten der Richtigkeit der Entscheidung gehen darf. "Der Vorwurf kommt immer wieder, dass die Verwaltungsgerichtsbarkeit langsam arbeitet und es deshalb am effektiven Rechtsschutz mangelt", erzählt Zens. Er gibt zu, dass "es in vielen europäischen Staaten große Probleme gibt, was die Verfahrensdauer vor Verwaltungsgerichten anbelangt".
Bestandsaufnahme
Deshalb erarbeitet die Vereinigung Europäischer Verwaltungsrichter Vorschläge, wie man Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ohne Qualitätsverlust der Entscheidung beschleunigen kann. "Wir haben eine Bestandsaufnahme der Systeme der Mitgliedstaaten gemacht", berichtet Zens.
In einer zweiten Phase werde man sich überlegen, was die europäischen Mindeststandards sein sollen, um eine effiziente, effektive und unabhängige Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gewährleisten.
Zens glaubt, dass für schnellere Verfahren vielfach auch mehr finanzielle und personelle Ressourcen erforderlich sein werden. Schließlich werden an die Verwaltungsrichter durch die Fülle an EU-Recht enorm hohe Anforderungen gestellt. Diese sind nicht unerfüllbar, meint Zens, "aber man muss für eine entsprechende Ausbildung sorgen". Und diese kostet Geld. Die EU stellt bereits Mittel zur Verfügung.
Zens begrüßt auch das Vorhaben der Bundesregierung, Verwaltungsgerichte erster Instanz zu schaffen. Diese würden einerseits den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) entlasten und die Verfahren beschleunigen. Andererseits hält Zens sie für notwendig, "um eine volle Kontrolle der Sachverhaltsfrage durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu gewährleisten". Denn der VwGH darf in den meisten Fällen nur über die inhaltliche Rechtswidrigkeit zu entscheiden. Betreffend den Sachverhalt kann er zwar Verfahrensfehler aufgreifen, aber keine eigenständigen Feststellungen treffen.
Die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) hält Zens lediglich für "einen ersten Schritt in die richtige Richtung". Schließlich sind sie nach wie vor - wenn auch unabhängige - Verwaltungsbehörden und keine Gerichte.
Die Regierung plant, die UVS in echte Verwaltungsgerichte umzuwandeln. Die bisherigen Mitglieder der Senate sollen dann als Richter übernommen werden.
Für die neuen Verwaltungsgerichte wünscht sich Zens eine umfassende Kontrolle und nicht, wie es jetzt bei den UVS der Fall ist, lediglich eine Zuständigkeit für bestimmte Materien.