Zum Hauptinhalt springen

Verfassungsdebatte geht in die nächste Runde

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Die Diskussion um Zusammensetzung und Kompetenzen der zentralen EU-Institutionen setzen heute die Außenminister beim Allgemeinen Rat in Luxemburg fort. Am Donnerstag werden dann die Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel in Brüssel über die neue Verfassung weiterberaten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Heikelstes Problem aus Brüsseler Sicht ist die Forderung Polens und Spaniens, ihr Gewicht im EU-Ministerrat unverändert zu halten. Die vom dazu eigens eingesetzten Konvent entworfene Verfassung würde die Bevölkerungszahl der Mitgliedsländer stärker berücksichtigen, als dies bisher der Fall ist. Vor allem Polen hat nach Ansicht von Diplomaten sehr radikal und unflexibel seine Forderungen deponiert.

Österreich drängt weiter auf einen stimmberechtigten Kommissar je Mitgliedsland. Zwar scheit sich ein gewisses Verständnis für diesen Wunsch zu zeigen, doch ist noch unklar, was der Preis für ein Einlenken der großen Staaten sein könnte. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer etwa hat gefordert, dass dafür große Mitgliedsländer zwei Komissare stellen sollten wie bisher.

Der Vize-Präsident des Verfassungskonvents, Jean-Luc Dehaene, hat vergangene Woche in Wien einmal mehr die Forderung nach einem Kommissar pro Mitgliedsland abgelehnt. In der letzten Zeit sei es eine Schwäche gewesen, dass die Kommission laut Dehaene bereits zu groß war. "Die derzeitige Diskussion bringt uns dazu, dass die großen Mitgliedstaaten darauf beharren, zwei Kommissare zu haben. Dann hätten wir nächstes Jahr 32 Kommissare", so Dehaene.

Zudem erneuerte der frühere belgische Regierungschef seine Bedenken gegenüber der geplanten EU-Doppelspitze, sollte neben dem Kommissionspräsidenten tatsächlich ein hauptamtlicher Ratspräsident installiert werden. Zum Streit mit Spanien und Polen monierte Dehaene, dass es den Betroffenen offenbar nicht um Effizienz gehe, "sondern ob die Kleinen die Großen blockieren können". Der Belgier hat sich im Übrigen, obwohl ehemals Vorsitzender der Christlichen Volkspartei, immer gegen die Festschreibung eines christlichen Bezuges in der EU-Verfassung ausgesprochen. Dehaene war in der Bundeshauptstadt Gast der Plattform "WeltStadtWien", die sich vorrangig mit den Themen Grenzen, Nachhaltigkeit und Stadt auseinandersetzt. Die Plattform geht auf den "Club pro Wien" zurück, den Ex-VP-Vizekanzler Erhard Busek von 1978 bis 1989 etabliert hatte.

Teampräsidentschaft oder hauptamtlicher Vorsitzender

Die Zusammensetzung des EU-Parlaments und die Aufgaben des künftigen Präsidenten des europäischen Rates werden die EU-Außenminister heute beim gemeinsamen Abendessen erörtern. Alternativ zum jetzt halbjährlich wechselnden EU-Vorsitz werden als Optionen die Wahl von Vorsitzenden für die einzelnen Ministerräte und, wie es Italien zuletzt in die Diskussion gebracht hat, Teamvorsitze von vier Staaten für zwei Jahre diskutiert.

Die Außenminister werden außerdem über Hilfen an den Irak sprechen. Zusätzlich zu den von der EU-Kommission vorgeschlagenen 200 Mio. Euro sollen die Mitgliedsländer nationale Hilfsbeträge bekanntgeben. Aus Österreich dürften zwischen 1,5 und 2 Mio. Euro kommen.

Wenig Neues dürften die Diskusionen über den Nahen Osten und über das Atomprogramm im Iran bringen. Die Minister werden voraussichtlich Kroatien dafür kritisieren, wie berichtet, einseitig und ohne Gespräche mit ihren Nachbarn eine Schutzzone in der Adria ausgerufen zu haben. Ein weiterer Tagesordnungspunkt ist das Statut der EU-Abgeordneten.