Zum Hauptinhalt springen

Verfassungsentwurf wird feierlich in Rom übergeben

Von Heike Hausensteiner

Europaarchiv

Heute, Freitag, wird Valéry Giscard d'Estaing als scheidender Konventspräsident Italiens Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und Regierungschef Silvio Berlusconi im römischen Regierungssitz Palazzo Chigi den EU-Verfassungsentwurf in einer feierlichen Zeremonie überreichen. Indes hat auch Ex-ÖVP-Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner eine überaus positive Bilanz über die Konventsarbeit gezogen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der EU-Verfassungskonvent habe seine Erwartungen weit übertroffen und sei ein politologisch wie soziologisch faszinierendes Erlebnis gewesen. Kritik übte Farnleitner einmal mehr am Konventsvorsitzenden: "Giscard d'Estaing war der parteiischste Vorsitzende, der mir je begegnet ist." Giscard habe die "Koalition der Kleinen", die die Vertreter der 16 kleinen und mittleren Mitgliedstaaten - darunter Österreich - innerhalb des Konvents geschmiedet hatten, abgelehnt und als "schweren Fehler" kritisiert. Dennoch sei es den "Kleinen" gelungen, vor allem bei der Institutionenreform "konstruktiven Widerstand" zu leisten. "Und mein Konzept für die nächsten Jahre ist, dass die Koalition der Kleinen hält", so Farnleitner in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten.

Wenngleich der von Österreich offiziell abgelehnte hauptamtliche EU-Präsident (des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs) nun im Verfassungsentwurf vorgesehen ist, hofft Farnleitner, dass dafür am Prinzip "ein Kommissar pro Mitgliedsland" festgehalten werde. "Der größte Wirtschaftsraum der Welt kann sich so eine Kommission leisten."

Farnleitner ist zuversichtlich, dass sich die EU-Staats- und Regierungschefs in der verfassungsgebenden Regierungskonferenz an den vorgelegten Entwurf halten und "nicht alles aufschnüren" werden. Die Mitgliedstaaten würden sich ja bereits im Vorfeld abstimmen. Über die von den Staats- und Regierungschefs (einstimmig) beschlossene Verfassung soll, so Farnleitners Forderung, dann in allen Mitgliedstaaten am gleichen Tag nach eigener Verfassungslage - ob indirekt durch das Parlament oder per direktem Votum - abgestimmt werden. Dadurch käme zum einen eine gemeinsame Abstimmungskampagne zu Stande; zum anderen würde verhindert, dass ein Land die anderen EU-Staaten "in Geiselhaft" nehme. In Österreich ist Farnleitners Ansicht nach keine Volksabstimmung über die EU-Verfassung notwendig.

Da sich die Konventsmethode bewährt habe, schlägt der Ex-Wirtschaftsminister vor, in etwa zwei Jahren einen weiteren Konvent zur Wirtschafts- und Sozialpolitik einzuberufen. Formal ist Farnleitners Mandat als Konventsmitglied, abgesehen von Abschlussberichten und -besprechungen, beendet. Auf die Nachfrage, ob er nun als EU-Kommissar oder als VP-EU-Abgeordneter bei den Parlamentswahlen nächsten Jahres zur Verfügung stehen würde, antwortet er ausweichend: "Meine Lebensplanung sieht anders aus. Es gibt so viele andere, die das machen möchten."