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Verfassungswidrige Pensionsreform?

Von Veronika Gasser

Politik

Hauptkritikpunkte an der Pensionsreform sind das schlagartige Eintreten und die Intensität der Maßnahmen. "Dies ist verfassungswidrig", so der Verwaltungsrechtler Theo Öhlinger nach Bearbeitung des Gesetzesentwurfs. Im Auftrag der Wiener Arbeiterkammer erstellte Öhlinger ein verfassungsrechtliches Gutachten über die Neuregelung der Frühpensionen.


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"Es handelt sich um einen Eingriff in bestehende Rechte", erklärte Öhlinger, denn die künftige Pension ist ein "Eigentum". Schwierigkeiten bestehen auch in Hinsicht auf den Vertrauensschutz. "Die Betroffenen haben so gut wie keine Möglichkeit, sich auf die Veränderung der Rechtslage einzustellen", betonte ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch. Ein weiterer Problempunkt ist die Anhebung des Antrittsalters. Für Frauen sei die Altersgrenze bis zum Jahr 2019 verfassungsrechtlich fixiert, sagte Öhlinger. Somit ist die Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen durch ein einfaches Gesetz nicht möglich. Nach der bisherigen Praxis des Verfassungsgerichtshofes müsste die Reform aufgehoben werden. In diesem Fall würde wieder die bisherige Regelung gelten und die Pensionsversicherung müsste Ansprüche nachzahlen.

Es gab eine Nachbesserung, die im Gutachten noch nicht berücksichtigt werden konnte. "Doch diese Ausnahmeregel wird in vielen Fällen nicht greifen", so Verzetnitsch, der mit Öhlinger den Vertrauensschutz dadurch auch nicht gewährleistet sieht. Um die Reform anzufechten, gibt es zwei Wege: Ein Antrag auf Gesetzesprüfung, der von einem Drittel der Abgeordneten eingebracht werden muss oder eine Individualklage. Der Verfassungsjurist gegenüber der "Wiener Zeitung": "Ein Individualantrag beim Verfassungsgericht ist schwierig und nur zulässig, wenn alle anderen Wege ausgeschöpft wurden". Der Prüfantrag der SP-Abgeordneten ist somit sicher. Parallel dazu werden aber auch Einzelklagen für die verschiedenen Berufsgruppen eingebracht, betonte Verzetnitsch. AK-Chef Herbert Tumpel: "Wir können eine Individualklage erst einbringen, sobald jemand konkret betroffen ist".

"Wir haben das Rechtsgutachten vor der Debatte an alle Abgeordneten im Parlament verteilt", so der ÖGB-Chef, "sie wissen somit was sie tun."