Das Land Tirol blockiert beim geplanten Bundesvergabegesetz, einem Gesetz, das alle wollen.
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Wien. Es kommt selten vor, dass eine Gesetzesinitiative der Regierungsparteien von der Opposition vollinhaltlich begrüßt wird. Umso überraschender ist dann, wenn auf einmal in einem parlamentarischen Ausschuss die Stopptaste bedient wird. So geschehen am Montag mit der Novelle zum Bundesvergabegesetz, das die öffentliche Hand und ihre ausgegliederten Unternehmen dazu verpflichten sollte, Aufträge nicht mehr nach dem Billigst-, sondern dem Bestbieterprinzip zu vergeben.
In dem Fall hat jedoch keine Regierungspartei ihr Veto eingelegt, sondern das Land Tirol. Beim Bundesvergabegesetz handelt es sich um ein Verfassungsgesetz, das auch die Zustimmung aller Bundesländer erhalten muss. "Wir leben in Österreich in einem Förderalismus, wo ein einziges Land alles lahmlegen kann", ärgert sich Josef Muchitsch, Sozialsprecher der SPÖ und Chef der Gewerkschaft Bau-Holz. Er ist auch einer der Architekten dieser Gesetzesinitiative. Sollte es beim nächsten Anlauf im Dezember keine Einigung geben, werde 2016 weiterhin das Billigstbieterprinzip gelten, warnt Muchitsch. "Gerade für Klein- und Mittelbetriebe wäre das schlecht", sagt er.
Beim Land Tirol sieht man dies allerdings eh auch so, die Kritik ist nicht prinzipieller, sondern inhaltlicher Natur. Oder wenn man so will: bürokratischer Natur. Denn durch die Neuerungen werden Ausschreibungen wohl aufwendiger, da bei der Vergabe künftig mehr zu prüfen sein wird. Zum Beispiel ob gegen ein Subunternehmen Verurteilungen gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegen. Ausschreibungen dürften deshalb für die öffentliche Hand auch teurer werden, auch wenn gesamtwirtschaftlich gesehen ein Surplus bleibt, weil das Bestbieterprinzip auch eine Maßnahme gegen Sozial- und Lohndumping ist.
Zu kurze Frist?
Wie aus dem Büro der zuständigen Tiroler Landesrätin Patrizia Zoller-Frischauf zu erfahren war, hat Tirol im Mai in einer Stellungnahme auf kritische Punkte bei der Umsetzung hingewiesen, im Entwurf erhielten diese Bedenken aber zu wenig Würdigung. Zumindest nach Ansicht der Tiroler Beamtenschaft. Die Beamten sind es ja auch, die Aufträge tatsächlich ausschreiben und dann auch prüfen müssen.
Ein konkretes Beispiel: Es soll schwieriger für einen Bieter werden, einen Subunternehmer während der Bauphase zu wechseln. Ein Auftraggeber kann dies laut Novelle aus "sachlichen Gründen" ablehnen. Das wäre etwa eine vorliegende Verurteilung wegen Unterentlohnung. Deshalb ist in der Novelle für den Auftraggeber auch eine Verpflichtung zu einer Abfrage aus der Verwaltungsstrafevidenz des Kompetenzzentrums für Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfung vorgesehen. Eine Ablehnung muss dann binnen zwei Wochen erfolgen - andernfalls gilt es als Zustimmung.
Doch was ist bei ausländischen Subunternehmen? "Wie soll man innerhalb von 14 Tagen feststellen, ob da ein Verstoß vorliegt? Innerhalb dieser Frist erhält man keine Antwort", heißt es aus Tirol. Außerdem will man eine präzise Definition der Begriffe Subunternehmer und Lieferant ins Gesetz reklamieren. "Das ist derzeit zu schwammig formuliert."
Billig ist nicht immer gut
Generell geht es bei der Novelle um eine Klarifizierung der bereits jetzt im Bundesvergabegesetz festgeschriebenen Präferenz des Bestangebotsprinzips. Das "beste Angebot" kann dabei natürlich auch identisch mit dem billigsten Angebot sein. Wenn bei einer Ausschreibung die Anforderungen bei der Leistungsbeschreibung sehr präzise formuliert und die Eignungsanforderungen an die Bieter hoch sind, ist das billigste Angebot oft auch das beste.
In der Praxis hat sich aber gezeigt, dass es eben nicht immer so ist. "Es kommt fast immer der Billigstbieter zum Zug, auch weil es dann die geringsten Angriffspunkte für Einsprüche gibt", sagt Muchitsch. In der Regierungsvorlage wird konservativ geschätzt, dass nach der Novelle bei 20 Prozent der Vergaben andere Bieter den Zuschlag erhalten würden.
Gerade aus Sicht der öffentlichen Hand ist das billigste Angebot natürlich verlockend - auch um sich eventuelle Kritik des Rechnungshofs zu ersparen. Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre es aber sinnvoller, Aufträge zum Beispiel nur an heimische Firmen zu vergeben, um die Wertschöpfungskette in Österreich zu behalten. Das aber widerspricht EU-Recht. Die Novelle soll aber auch dazu beitragen, dass heimische Betriebe verstärkt zum Zug kommen, und zwar auf EU-rechtskonforme Art. Auch andere EU-Länder haben solche Bestimmungen.
Ein weiteres Problem: Durch die Usancen, gerade im Baugewerbe, mit vielen Subfirmen zu arbeiten, kommt es immer wieder zu Sozial- und Lohndumping - fast ohne Kontrollmöglichkeit durch den Auftraggeber.
Durch die Novelle sollen nun gesamtwirtschaftliche Aspekte stärker berücksichtigt und auch Subunternehmer vollständig dem Auftraggeber gemeldet werden. Das wird für Auftraggeber und (heimische) Bieter zwar aufwendiger und kostspieliger. Aber am Ende sollten beide Seiten profitieren. So ist zumindest der Plan. Weshalb es ja auch keine Gegner bei diesem Gesetz gibt, nur Bedenkenträger. Eine Einigung dürfte aber zustande kommen.