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Vergangenheitsbewältigung

Von Stefanie Holzer

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Kürzlich war auf 3sat der österreichische Film "Sei zärtlich, Pinguin" (Peter Hajek) aus dem Jahr 1982 zu sehen. Damals im Kino haben wir diese Komödie sehr genossen. Dieses Lehrstück über die weibliche Sexualität mit Marie Colbin und dem noch jungen Heinz Hönig wirkte beim Wiedersehen wundersam entrückt. Der Witz schien bemüht, die Botschaft altbacken. Weniger Komödie als Jugendfilm, dachte ich verwundert. Noch merkwürdiger war das Wiedersehen der am Donnerstag vergangener Woche auf arte ausgestrahlten Komödie "Der Untergang des amerikanischen Imperiums" (Denys Arcand) aus dem Jahr 1986. Einige Ehepaare aus dem universitären Milieu treffen sich auf dem Land. Die Männer reden über ihre Seitensprünge und die Frauen über ihre, als ob es auf der Welt außer der Sexualität nichts Nennenswertes gebe.

Vielleicht hatten die 80er Jahre unausgesprochen die Aufgabe übernommen, die in den 60ern ausgerufene sexuelle Freizügigkeit flächig in die Tat umzusetzen. Der Zeitgeist verlangte die Anstrengung, dass man sich dem möglichst direkten Reden über Sexualität in allen möglichen und unmöglichen Zusammenhängen aussetzte. Die männlichen Uni-Menschen kochen, während sie einander ihre pikanten Geschichten auf-tischen, während die Frauen im Fitness-Center schwitzend ihre Orgasmen Revue passieren lassen. Dieser Zeitgeist ist gründlich verweht, die Dialoge darüber, wer mit wem wie "fickt", wirkten an den Haaren herbeigezogen. Mit Marcel Reich-Ranicki würde ich sagen, dass so eindimensionale Figuren keinen Film lang fesseln können.