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Afrika bietet nach Einschätzung europäischer Unternehmen trotz eines schlechten Rufs profitablere Rendite-Chancen als China mit seinem Boom-Image. Der dreitägige Afrika-Gipfel des World Economic Forum in Kapstadt war von Aufbruchsstimmung geprägt.
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Der 61-jährige Oldenburger Unternehmer Claas Daun gilt als größter Einzelinvestor Südafrikas - und warnt vor einer den Blick verstellenden Afro-Ignoranz: "Die Wahrnehmung Afrikas ist schlechter als die Realität, in China dagegen ist es umgekehrt. Da gehen alle hin - und holen sich bei mageren Renditen recht häufig blaue Augen." Daun, dessen Firmengruppe weltweit 23.000 Menschen beschäftigt, setzt allein im südlichen Afrika 7 Mrd. Rand (827 Mio. Euro) pro Jahr um.
Ende der 1980er Jahre, als Nelson Mandela aus Apartheid-Haft entlassen wurde, entdeckte Daun die Kluft zwischen öffentlicher Wahrnehmung und der Realität vor Ort. Persönliche Kontakte zur neuen politischen Führung waren es, die ihn schnell Vorurteile abbauen und erkennen ließen: "Die Mehrheit der Weißen, die damals nicht an Südafrikas Zukunft glaubte, lag falsch." Zu Schleuderpreisen kaufte Daun daher am Kap Automobilzubehör-Hersteller, Textil-, Schuh-, Leder- oder Möbelfirmen auf, sanierte sie und machte sie profitabel.
"In Afrika gibt es einen riesigen Pool an Bedürfnissen aller Art, die wollen gedeckt sein", meint der Niedersachse, der allein in Deutschland über seine Daun&Cie rund 8.000 Arbeitsplätze sichert. Seiner Heimat bescheinigt er ein ähnliches Problem wie Afrika: "Auch hier ist die öffentliche Wahrnehmung zur Zeit schlechter als die Realität". In Afrika dagegen mache sich nun Aufbruchstimmung breit.
Daun ist mit dieser Einschätzung nicht allein: Beim Afrika-Gipfel des World Economic Forum in Kapstadt betonten die fast 700 Vertreter aus Wirtschaft und Politik fast unisono die starke Dynamik, die auf dem Kontinent spürbar ist. Wirtschaftsvertreter berichteten zwar von Risiken, aber vor allem auch von traumhaften Renditen. Olivier Suinat vom Computerhersteller Hewlett Packard verglich das - mit 20 bis 30% außergewöhnlich starke - Wachstum in Afrikas Informations- und Kommunikationssektor mit Indien oder Russland.
Auftrieb erhielt der Gipfel durch Äußerungen des neuen Weltbankpräsidenten Paul Wolfowitz, der dem Kampf gegen die Armut in Afrika höchste Priorität geben will. Die Not des Kontinents sei größer als die jeder anderen Weltregion, sagte Wolfowitz bei seinem Amtsantritt in Washington. Als ein Element sieht er die Wirtschaftsförderung. Mehrere afrikanische Länder hätten gezeigt, dass sie auf einen Wachstumspfad kommen können.
Die von den acht wichtigsten Industrienationen (G8) ins Auge gefasste Afrika-Initiative soll diese Dynamik stützen. Wenn sie sich auf ihrem Gipfel Anfang Juli in Schottland wenigstens auf Teile des federführend vom britischen Premier Tony Blair angeregten umfangreichen Pakets aus Milliardeninvestitionen und Schuldenabbau einigten, bekäme Afrika nach Ansicht vieler Konferenzteilnehmer eine faire Chance für den Neubeginn.
Unternehmer wie Daun sind dann gefragt, um dem Kontinent den Anschluss an die Weltwirtschaft zu ermöglichen. Der Deutsche hat auf der Suche nach neuen Investitionsmöglichkeiten schon ein neues Ziel ausgemacht: Simbabwe. Gemeinsam mit einem afrikanischen Partner gehört ihm dort die größte Baumwollspinnerei des Landes, deren 1.000 Mitarbeiter pro Jahr 10.000 Tonnen Garn und Stoff herstellen. Das Rohmaterial kommt von schwarzen Farmern. Weitere Erwerbungen sind nicht ausgeschlossen. Daun: "Wenn sich eine passende Gelegenheit ergibt, würde ich es sofort tun."