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Vergnügt auf den Schultern des Giganten Gauß

Von Christa Karas

Wissen

Noch ist auch Gauß-Jahr. | Vor allem im math:space. | Wien. Wenn Mathe-Lehrer ein paar "lustige" Beispiele ankündigen, haben Schüler meist nichts zu lachen. Die Profession scheint auffallend oft zynisch zu machen. Bei Rudolf Taschner ist das anders: Er ist ein Mathematiker, der dem Anspruch Rechnung trägt, dass Mathematik "der Freude, dem Ergötzen, dem Genuss" dienen soll, und dessen Begeisterung sich sofort auf sein Publikum überträgt.


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Dieses Publikum umfasst alle Altersstufen und es ist vielköpfig: Seit Taschner im Jahr 2003 das math:space im Wiener Museumsquartier ins Leben rief, vergnügten sich dort Zigtausende.

Das von der Stadt Wien und dem Bundesministerium für Bildung, Kunst und Wissenschaft geförderte Projekt erwies sich schon im ersten Jahr seines Bestehens als voller Erfolg. Mittlerweile sind die Veranstaltungen für Schulklassen auf Monate ausgebucht und die Abendvorträge derart gut besucht, dass sie in Säle des Leopold-Museums verlegt werden müssen und dennoch viele Zuhörer keinen Sitzplatz finden.

Das Siebzehneck

Auf den Schultern von Riesen sieht man mehr und noch ist Gauß-Jahr, was bedeutet, dass Taschner seit Juni zweimal im Monat vergnügt auf den Schultern dieses Giganten steht. Und von dort oben eine Sicht auf die Leistungen des vor 150 Jahren verstorbenen "Fürsten der Mathematik" vermittelt, die so ganz anders ist als die von Vielen aus der Schule erinnerte.

Eine Stunde dauert der Vortrag des TU-Professors und AHS-Lehrers Taschner und deshalb geht es zügig voran, nicht mit den Kindheitsgeschichten, die ohnehin überall nachzulesen sind, sondern gleich hard core ans Siebzehneck, das der 19-jährige Carl Friedrich Gauss unangreifbar mit Zirkel und Lineal konstruierte - die erste Ergänzung der euklidischen Konstruktion nach 2000 Jahren und von ihm selbst als beste Leistung seines Lebens definiert, obwohl darauf doch noch etliche bahnbrechende erfolgten.

Wie etwa seine Doktorarbeit über den Fundamentalsatz der Algebra, die Einführung des Begriffes "Kongruenz" in seinem ersten bedeutenden Werk "Disquisitiones arithmeticae", seine eingehenden Untersuchungen des "Körpers der Primzahlen", die nach ihm benannte Glockenkurve und das ebenfalls nach ihm benannte Eliminationsverfahren - aber halt: Diese Bereiche kommen wohl erst demnächst dran, ebenso wie die Höhere Geodäsie, die Vermessungen des damals größten Dreiecks (Hoher Hagen, Brocken, Inselberg) sowie des Königreichs Hannover.

Ohnehin hat es wenig Sinn, die Gauß´schen Leistungen in der üblichen Manier zu beschreiben, man muss einfach Taschners amüsante Vorträge dazu hören. Vor allem die Nebensätze - wie etwa jenen, der sich auf das Verhältnis zwischen seniler Bettflucht und die Beschäftigung mit Zahlen bezieht.

Vermessung der Welt

Dreimal gibt es noch die Gelegenheit dazu: Heute, Mittwoch, dem 23. November, danach am 7. Dezember - da ist dann auch Daniel Kehlmann (Autor des aktuell erschienen Buches "Die Vermessung der Welt") dabei - und schließlich am 14. Dezember. Beginn ist jeweils um 19 Uhr, es empfiehlt sich aber, eine halbe Stunde vorher da zu sein, um im MUMOK-Labyrinth auszukundschaften, wo der Vortrag stattfinden wird und sich einen Sitzplatz zu sichern.

Weitere Informationen: http://math.space.or.at/