Kolumbiens Präsident spricht von Inszenierung. | São Paulo/Bogotá. Wieder einmal keimte Hoffnung auf in Kolumbien. Nach Monaten des Schweigens hatte die marxistische Guerilla Farc im Dezember vergangenen Jahres die Freilassung einer Gruppe von sechs Geiseln angekündigt. Vorausgegangen waren intensive Verhandlungen hinter den Kulissen, in die auch Venezuelas Staatschef Hugo Chávez eingespannt war. Seit Mittwoch vergangener Woche kamen vier Geiseln in Freiheit, zwei Stadträte, ein Marinesoldat und ein Polizist. Doch bis zum Abschluss kam die Aktion nicht.
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Vergebens wartete ein Komitee aus Unterhändlern der Regierung und des Internationalen Roten Kreuzes bis zum frühen Montagmorgen auf die angekündigte Freilassung von zwei jungen Polizisten. "Die Farc hat ihr Versprechen gebrochen", sagte der Regierungsunterhändler Eduardo Pizarro Leongómez danach frustriert. Das Rote Kreuz soll jetzt ausloten, ob noch Chancen für eine Freilassung der Geiseln in den nächsten Tagen bestehen.
Erneute Geiselnahme
Trotz erster Euphorie lag von Anfang an ein Schatten über der humanitären Aktion. Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos hatte in den vergangenen Tagen der Guerilla immer wieder die Inszenierung eines Medienspektakels vorgeworfen. Denn fast gleichzeitig mit der Freilassung der Geiseln nahm die Farc in anderen Landesteilen weitere Gefangene.
Trotz des Rückschlags wollten alle Beteiligten die Hoffnung auf einen neuen Friedensdialog in dem Bürgerkriegsland Kolumbien aber nicht aufgeben. Die ehemalige Abgeordnete Piedad Córdoba, die als eine der wichtigsten Vermittlerinnen zwischen Farc und Regierung gilt, verkündete, die Aktion habe gezeigt, dass es möglich sei, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Auch andere Beobachter erkennen an, dass nach Monaten des Stillstands wieder Bewegung in einen möglichen Friedensprozess kommen könnte. Präsident Santos hält diese Hoffnung allerdings für verfrüht. Die Regierung verhandle nicht mit Terroristen, stellte er klar. Für einen wirklichen Dialog müsse die Farc sich überzeugend vom Terrorismus, Geiselnahmen, Erpressungen und Drogenhandel lossagen.
Der ehemalige Regierungsberater Carlos Eduardo Jaramillo meint, die Übergabeaktion sei für die Farc wichtig, weil sie politisch geschwächt sei und für mögliche Friedensverhandlungen politische Legitimation suche. Andere Beobachter sagen allerdings, die militärische Taktik der FARC habe sich geändert. Sie wollten mobiler sein und dabei behinderten die Gefangenen sie.