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Trotz Impfpflicht sei weiterhin intensive Aufklärung der Bevölkerung notwendig, meint das IHS.
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Damit die Sars-CoV-2-Schutzimpfungskampagne durch die allgemeine Impfpflicht nicht ins Stocken gerät, schlägt IHS-Verhaltensökonomin Katharina Gangl ein umfangreiches Begleitprogramm für die kommenden Monate vor. "Man muss sowohl das Gesundheits- wie auch das Kontrollpersonal empowern", sagt Gangl.
Das Personal müsse nicht nur zahlenmäßig aufgestockt werden, es brauche außerdem Schulungen und Spezialisierungen, im Konflikt- und Angstmanagement genauso wie bei der weiteren Aufklärung. Denn: "Der Staat muss dem massiven Fehlangebot in den sozialen Medien, das Ängste schürt und verstärkt, die passende Information punktgenau entgegensetzen."
Gangl schlägt vor, die positive Botschaft, "das Ziel, das wir alle gemeinsam erreichen wollen", in den Fokus der Kommunikation zu stellen: "Das Virus zu besiegen, statt permanent über Nebenwirkungen, Strafen und Kontrollen zu sprechen." Auch Erfolge, zum Beispiel bei der Durchimpfungsrate, die Expertinnen und Experten als Ziel definieren sollten, könnte die Kommunikation von Misserfolgen ablösen - und laut der Forscherin weitere Personen, weil sie zu den Erfolgreichen gehören wollen, ebenfalls zur Impfung motivieren.
Die Kommunikation der Impfung müsse das Ausmaß von Wahlkampagnen annehmen. Jeder Brief, jedes Plakat, jede Social-Media-Botschaft solle weiterhin aufklären, "ein Mitspracherecht, was Termin oder Impfstoff angelangt, kann die Akzeptanz erhöhen. Humor - nicht gegen Personen, die noch nicht geimpft sind, sondern das Virus - kann Ängste nehmen." Menschen, die sich nach Zweifeln doch impfen ließen, sollten "ähnlich wie Aussteiger aus der Rechtsradikalität" erklären dürfen, was sie überzeugt hat.
Aufklärung als Teil einer Impfpflicht-Kommunikation
Um Kontrollen durchführbar zu gestalten, sollten sie laut der Verhaltensökonomin Gangl priorisiert werden. Auch die Reihung bei den Kontrollen müsste die Epidemiologie definieren, ob erst die Personen, die andere gefährden, geimpft werden oder besser besonders gefährdete Gruppen. Damit das funktioniert und klar kommuniziert wird, benötige es wieder professionelles Personal: "Es geht darum, Vertrauen zu gewinnen und Optimismus zu erzeugen", sagt Gangl. "Geld, das wir jetzt für Aufklärung ausgeben, sparen wir durch später nicht mehr notwendige Kontrollen wieder ein."
Denn die allgemeine Impfpflicht birgt auch die Gefahr, das Tempo, mit dem sich noch Ungeimpfte gegen Sars-CoV-2-Infektionen impfen lassen, zu verlangsamen, erklärt Gangls Kollege Florian Spitzer: "Die Impfpflicht kann Widerstand auslösen: Impfen gehört zum medizinischen Bereich. Dieser wird als höchstpersönlich wahrgenommen, deshalb lehnen manche staatliche Eingriffe in solche Entscheidungen strikt ab."
Manche könnten nun bis zum letzten Moment mit der Impfung warten. Es bestehe die Gefahr einer Radikalisierung einer breiteren Gruppe als jener, bei der die Falschinformationen von Impfgegnerinnen und -gegnern bereits gegriffen haben. Spitzer berichtet darüber hinaus von sogenannten Spillover-Effekten, "dass manche nun andere nicht verpflichtend vorgeschriebene Impfungen nicht mehr wahrnehmen".
Man müsse deshalb mit Aufklärung solchen möglichen Folgen der allgemeinen Impfpflicht vorbeugen: "Ob sie erfolgreich ist, hängt stark von der konkreten Umsetzung ab. Sie muss einerseits so sanft wie möglich erfolgen, um die Akzeptanz der Impfung als Ausweg aus der Pandemie zu steigern. Auf der anderen Seite muss sie effektiv sein und die Durchimpfungsrate tatsächlich steigern", zeigt Spitzer die Elemente einer erfolgreichen Impfkampagne auf.