Zum Hauptinhalt springen

"Verhältnis zu Peking wird sich nicht grundlegend ändern"

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft
Feldstein macht die US-Staatsverschuldung Sorgen.
© Youtube

Der Harvard-Ökonom Martin Stuart Feldstein war zu Besuch in Wien. Für ihn sind Ängste vor Trump übertrieben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Hohe Zölle, Protektionismus, Isolation, ja die Abwahl der Globalisierung durch den US-Bürger: All das sieht Martin Stuart Feldstein, Harvard-Ökonom und in den 80er-Jahren oberster Wirtschaftsberater Ronald Reagans, nicht auf die USA und die Welt zukommen.

Es werde da vieles dramatischer dargestellt, als es in der Wirklichkeit sei, sagt Feldstein, der zu den Top-10-Ökonomen weltweit gezählt wird. Sofern Trumps Pläne überhaupt vorhersehbar seien - "es gibt hier ein hohes Maß an Ungewissheit", räumt er bei einem Vortrag in der Oesterreichischen Nationalbank ein. Die US-Wirtschaft sieht Feldstein mit 2 bis 2,5 Prozent Wachstum derzeit jedenfalls ganz "exzellent" aufgestellt, das Ziel der Vollbeschäftigung sei so gut wie erreicht - US-Amerikaner mit Collegeabschluss seien nur zu 2,4 Prozent arbeitslos. Die Möglichkeit, dass Trump viele Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur stecken und damit das Budgetdefizit entsprechend steigen werde, sieht Feldstein nicht. Auch hier sei vieles übertrieben dargestellt. Trump wolle private Unternehmen über steuerliche Anreizmodelle dazu bewegen, in die Infrastruktur zu investieren oder Autobahnen oder Zugstrecken zu betreiben. Auch die geplanten Steuersenkungen würden nicht zu einer Ausweitung des Budgetdefizits führen.

Die Körperschaftsteuer betrage in den USA 35 Prozent und sei damit höher als in allen andern OECD-Staaten. Trump wolle eine Absenkung auf 15 Prozent.

Die Drohungen gegenüber China, exorbitante Strafzölle einzuführen, sind laut Feldstein "Wenn"-Drohungen. "Wenn" China einem fairen Deal nicht zustimme, dann wolle Trump zu drakonischen Maßnahmen greifen. Dass sich das Verhältnis der USA zu China künftig grundlegend verändern werde, glaubt Feldstein nicht.

Der Ökonom verneint auch, dass Trump dereinst als Liquidator der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) zwischen den USA und Ländern wie Japan, Kanada und Australien in die Geschichtsbücher eingehen werde. Das Abkommen sei lange vorher zum Scheitern verurteilt gewesen, "da hätte Trump nur ein totes Pferd erschossen", so der Ökonom. Sorgen machen ihm die US-Staatsverschuldung, die von derzeit angenommenen 75 Prozent in den nächsten Jahren auf über 100 Prozent des BIP anwachsen könnten.

Der EZB wirft Feldstein vor, dass sie nicht viel für das Wirtschaftswachstum und die Senkung der Arbeitslosigkeit in der Eurozone unternommen habe. Die Lage in Italien sei schlecht, die in Frankreich nicht besonders gut.

Die Situation in Großbritannien schätzt der US-Ökonom übrigens "besser" ein, "als viele befürchten". Die Wirtschaft wachse um rund 2 Prozent. Der Brexit schaffe auf der Insel zwar Probleme, allerdings sei er optimistisch, dass London gute neue Konditionen mit den ehemaligen EU-Partnern und anderen Ländern auf der Welt verhandeln könne.

"Trump hat nicht gewonnen"

Den Wahlsieg Donald Trumps interpretiert Feinstein dahingehend, dass Trump gar nicht gewonnen, sondern Hillary Clinton verloren habe. Sie habe den Wählern das Gefühl vermittelt, nicht ehrlich zu sein, habe Trump-Wähler als "ignorante Trottel" verunglimpft und generell den Rückhalt unter der weißen Arbeiterschaft verloren.