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Verhandeln nach dem Marschieren

Von WZ Online

Politik

Größter Hörsaal am Uni-Campus besetzt. | Wien. Der scheidende Wissenschaftsminister Hahn wird am Donnerstag anlässlich der österreichweiten Studentenproteste mit Vertretern der Hochschülerschaft zusammentreffen. Hahn lehnt aber Gespräche mit "irgendwelchen Studentengruppen" ab.


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Der Wissenschaftsminister wird auch nicht von Studenten besetzte Räumlichkeiten an der Universität Wien besuchen, wie von Studentenseite mehrfach gefordert. "Es handelt sich immer noch um eine Besetzung, ich möchte diesen Unrechtszustand nicht durch meine Anwesenheit in irgend einer Weise legitimieren", so Hahn am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag in Wien.

Sehr wohl sei er bereit, mit der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) in Verhandlungen zu treten, diese sei die legitime Vertretung aller Studenten, betonte der Minister. Für Nachmittag wurde ein Treffen zwischen Hahn und der ÖH-Spitze vereinbart. Der Ressortchef dämpfte aber allzu große Hoffnungen. Es gebe in den Standpunkten "auch fundamentale Unterschiede", es könne nicht immer eine gemeinsame Meinung gefunden werden.

Nach dem Audimax, dem größten Hörsaal des Landes, haben Studenten in der Nacht auf Donnerstag auch den Hörsaal C1 am Wiener Uni-Campus im Alten AKH besetzt. Dabei handelt es sich um Studenten vor allem geisteswissenschaftlicher Studienrichtungen wie etwa Romanistik, Politikwissenschaft oder Internationale Entwicklung, die am Campus beheimatet sind. Nach Angaben der Uni Wien seien derzeit 70 bis 80 Personen im C1, die Besetzer sprechen von ca. 300. Diese sind größtenteils vom Audimax herübergewechselt, um "ihre" Räumlichkeiten nutzen zu können.

Aufs Bleiben eingerichtet

Die Studenten haben sich jedenfalls aufs Bleiben eingerichtet, so eine Besetzerin. Derzeit sei man damit beschäftigt, ähnlich wie im Audimax eine "Volksküche" aufzubauen. Der C1 ist der größte Hörsaal am Uni-Campus. Die Uni Wien will das Gespräch mit den Studenten suchen, derzeit rede ein Dekan mit den Besetzern, so eine Sprecherin. Es seien auch zahlreiche Studenten vor Ort, die auf eine Lehrveranstaltung im C1 warten.

Darüber hinaus setze man auf das Treffen zwischen Vertretern der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) und Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) heute, Donnerstag, Nachmittag, hieß es gegenüber der APA. Die im Audimax angesetzten Vorlesungen werden am Freitag aber jedenfalls wieder im Austria Center Vienna in Wien-Donaustadt abgehalten. Selbst wenn die Besetzer abziehen würden, dauere es einige Zeit, bis der Hörsaal wieder für den Vorlesungsbetrieb tauglich gemacht werden könne.

Die Protestaktionen der Studenten gegen die Zustände an den österreichischen Universitäten haben am Mittwoch ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. An einer Demonstration durch die Wiener Innenstadt beteiligten sich am Abend mehr als 10.000 Personen, die Veranstalter sprachen gar von 50.000. Jedenfalls war es der größte Protestzug dieser Art seit Einführung der Studiengebühren. Weiter besetzt bleibt der Audimax an der Uni Wien und auch in Linz, Graz und Salzburg sind mittlerweile Hörsäle von unzufriedenen Studenten "eingenommen" worden.

Brief an Regierung

Zur Groß-Demo in Wien hatte unter anderem auch die Österreichische Hochschülerschaft aufgerufen, die sich bis dahin sehr zurückhaltend gezeigt hatte: "Die Studierenden haben genug", verwiesen die ÖH-Vorsitzenden Sigi Maurer und Thomas Wallerberger auf "katastrophale Studienbedingungen, miserable Betreuungsverhältnisse und die andauernde Androhung von Zugangsbeschränkungen". Die Audimax-Besetzer publizierten einen offenen Brief an die Regierung, in dem unter anderem eine Überarbeitung des Bachelor/Master-Systems und die Abschaffung der Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger und Langzeitstudenten verlangt wurde.

Wie bei Studentenprotesten üblich überboten sich die Teilnehmer mit mehr oder weniger originellen Transparenten. Zu lesen war alles mögliche von "Alles klar Herr Kommissar?" über "Kentucky fried Gio" bis zu "Spaghettibildung Bologna". Wer nach dem zweistündigen Marsch durch das herbsttrübe Wien noch Energie verspürte, schwang dann vor der Haupt-Uni das Tanzbein. Der Weltrekord im Mambo-Tanzen sollte gebrochen werden - die studentische Antwort auf den Formationstanz-Weltrekordversuch des Militärkommandos Wien am vergangenen Wochenende.(APA)

Siehe auchStudenten gegen Bildungsabbau