Zum Hauptinhalt springen

Verhandler in Nahost sollen Hürden trotzen

Von Georg Friesenbichler

Politik
Wer zum zweiten Freitagsgebet des Ramadan in die Al-Aksa-Moschee am Tempelberg in Jerusalem wollte, musste an israelischen Checkpoints durch die Kontrolle. Foto: ap

Erfolgsaussichten mehr als ungewiss. | Abbas gab Druck der USA nach. | Jerusalem/Wien. Am zweiten Freitag des Ramadan hat Israel wieder seine Sicherheitskräfte in Jerusalem verstärkt. Rund 2000 Polizisten sicherten die Umgebung des Tempelberges ab und kontrollierten die Palästinenser aus dem Westjordanland, die in der Al-Aksa-Moschee ihr Gebet verrichten wollten. Sie gilt als das wichtigste muslimische Gebetshaus außerhalb von Saudi-Arabien, wo in Mekka und Medina die beiden bedeutendsten Moscheen des Islam stehen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Solche Beschränkungen tragen ihren Teil dazu bei, dass Palästinenser im Staat Israel ihren Feind sehen. Und der Status Jerusalems ist eine der heikelsten Fragen, wenn am 2. September direkte Friedensgespräche zwischen Israel und der palästinensischen Autonomiebehörde in Washington beginnen sollen. Denn beide Seiten beanspruchen die heilige Stadt als ihre Hauptstadt. US-Präsident Barack Obama will denn auch gleich zu Beginn der ersten Direktgespräche seit zwei Jahren solche Statusfragen ansprechen, hieß es am Freitag aus Washington.

Für Barack Obama ist das Zustandekommen solcher Gespräche gleich der zweite außenpolitische Erfolg innerhalb kurzer Zeit, nachdem die US-Kampftruppen aus dem Irak abgezogen wurden - nicht ganz unwichtig im Hinblick auf die im November stattfindenden Kongresswahlen.

US-Außenministerin Hillary Clinton oblag es, im Namen des Nahost-Quartetts die Einladung offiziell auszusprechen. "Zweifellos wird es weitere Hürden geben", sagte sie und rief "alle Beteiligten auf durchzuhalten". Tatsächlich steht noch in den Sternen, ob Obamas neuer Anlauf zu einem Nahost-Frieden erfolgreicher sein wird als jene Versuche, die seine Vorgänger Bill Clinton und George W. Bush gestartet haben.

Abbas beugte sich

Denn die Friedenslösungen sind bisher stets an den seit Jahrzehnten strittigen Fragen gescheitert, die Schuld schob jede Seite der jeweils anderen zu. Deshalb wollte der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas diesmal einen entscheidenden Punkt schon im Vorfeld bereinigt haben: Als Zielsetzung solle die Schaffung eines eigenständigen palästinensischen Staates in den Grenzen von 1967 fixiert werden. Die israelische Regierung unter Benjamin Netanyahu beharrte aber auf Verhandlungen ohne jegliche Vorbedingungen. Diese Voraussetzung sieht Israels Premier, der von einer "schwierigen, aber machbaren Aufgabe" sprach, nun erfüllt. Dass Abbas von seiner Forderung abrückte, führen Beobachter auf den Druck zurück, der auf ihn ausgeübt wurde. Offenbar haben die USA den Präsidenten vor die Alternative gestellt, den Gesprächen zuzustimmen oder keine Unterstützungsgelder mehr zu bekommen. In einem Punkt ist man aber auch Abbas entgegengekommen. Denn der wollte eine zeitliche Begrenzung für die Gespräche. Die Fatah-Partei von Abbas beeilte sich denn auch festzustellen, dass diese Bedingung der Palästinenser erfüllt worden sei.

Frist von einem Jahr

Clinton wie auch das Nahost-Quartett glauben, dass die Verhandlungen innerhalb von einem Jahr abgeschlossen werden können. Diese Frist ist laut Medienberichten zwischen Abbas und Netanyahu über Vermittlung des US-Nahost-Sondergesandten George Mitchell vereinbart worden. Mitchell stellte klar, dass es sich um bilaterale Gespräche handelt. Die USA stünden jedoch bereit, Vorschläge zur Überbrückung von Differenzen zu machen.

Abbas hatte zuvor mehrmals angekündigt, notfalls auch selbständig die Souveränität eines eigenen Staates erklären zu wollen. In jedem Fall sollen bis Mitte 2011 die Grundlagen dafür geschaffen sein. Dazu gehören loyale Sicherheitskräfte, eine unabhängige Justiz und eine funktionierende und transparente Verwaltung. Ob die Jahresfrist für eine Lösung genügt, um die seit mehr als zwei Jahrzehnten gerungen wird, scheint Beobachtern allerdings fraglich. Denn der Teufel steckt oftmals im Detail.

Teufel im Detail

So fordern etwa die Palästinenser den Abzug der israelischen Soldaten aus dem von Abbas beherrschten Westjordanland. Stattdessen soll eine internationale Truppe die Sicherheit Israels gewährleisten. Netanyahu will aber die Kontrolle nicht aufgeben.

Ein anderer Detailpunkt liegt in unmittelbarer Zukunft. Am 26. September läuft ein auf zehn Monate befristeter Baustopp für israelische Siedlungen im Westjordanland aus. Quer durch das Palästinensergebiet, das ohnehin durch mehr als 200 jüdische Siedlungen und israelische Sicherheitssperren zerstückelt ist, sind tausende neue Wohnungen geplant. Abbas hat immer wieder den Siedlungsbau als Hindernis für weitere Verhandlungen benannt. Ob der Baustopp jetzt, wie von den USA angestrebt, um weitere zehn Monate verlängert wird, ist noch offen. Mehrere Minister aus Netanyahus Rechts-Regierung haben bereits angekündigt, dem nicht folgen zu wollen.

Ein weiterer Punkt bleibt bei den geplanten Verhandlungen völlig unberücksichtigt: die inner-palästinensische Spaltung zwischen der im Gaza-Streifen regierenden Hamas und der Fatah von Abbas, die im Westjordanland regiert. Bereits Ende Juli hat die Hamas Abbas vor einem "Kniefall" und der Wiederaufnahme von Direktgesprächen gewarnt. Die Hamas hatte 2006 die allgemeinen Wahlen mit absolute Mehrheit gewonnen und verfügt auch im Westjordanland noch über eine starke Anhängerschaft. Damit bleibt ein umfassender Nahost-Friede in weiter Ferne - sogar für den unwahrscheinlichen Fall, dass sich Abbas und Netanyahu einigen können.