Am gestrigen Montag trafen sich die Verhandlungspartner von Bund, Ländern und Gemeinden bereits zum fünften Mal im Finanzministerium in der Wiener Himmelpfortgasse, um sich auf einen neuen Finanzausgleich zu einigen. Allerdings: Die Verhandlungen wollen nicht so recht vom Fleck. Der Bund muss sparen, die Länder wollen mehr Geld. Kommenden Montag geht das Rennen in die sechste Runde, der Ausgang ist weiter offen.
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"Wir sind stark konstruktiv im Ton, aber ich habe den Eindruck, dass es in der Sache nicht gut läuft, dass man sich tatsächlich im Kreis dreht." So fasste Finanzminister Karl-Heinz Grasser am Nachmittag seine Eindrücke von den laufenden Verhandlungen zusammen. Der Bund mache das größte Defizit und der bisherige Finanzausgleich habe nicht ausreichend darauf reagiert. Die Länder machten Überschüsse, die Gemeinden bilanzierten ausgeglichen. Damit zeige sich, dass die Probleme auf Bundesebene "relativ größer" sind. Es könne also nicht angehen, dass der Bund sein Defizit vergrößere, während die Länder ihren Überschuss vermehrten. Hier habe man "noch keine Lösung gefunden". Das sahen auch Grassers Verhandlungspartner von Ländern und Gemeinden so.
Mit dem "Schwarzen Peter", den ihnen Grasser zuschieben will, wollten sich jedoch Länderchef-Verhandler Sepp Rieder (S) und Oberösterreichs LH Josef Pühringer (V) gar nicht anfreunden. Unisono verwehrten sie sich gegen den Vorwurf der Reform- und Sparunwilligkeit. Gleichzeitig warnte Pühringer den Finanzminister vor dem Versuch, die Länder "über den Tisch zu ziehen": "Wir verlangen nicht das Unmögliche, es sitzen ihm keine politischen Leichtgewichte gegenüber."
Konkret fordert Pühringer einen Ausgleich für jene Mittel, die aus Sicht der Länder in den vergangenen Jahren zu Gunsten des Bundes verschoben wurden, und mehr Geld für die Krankenanstaltenfinanzierung. In diesem Bereich seien sowohl die Beiträge der Sozialversicherung als auch jene des Bundes gedeckelt. Die Kostensteigerungen müssten die Länder zahlen, so Pühringer: "Das kann so nicht weitergehen. Da wird ein System unfinanzierbar."
Bei der gestrigen Gesprächsrunde ging es um den horizontalen Finanzausgleich, den einheitlichen Aufteilungsschlüssel und um die Landeslehrer. Letztere werden derzeit vom Land angestellt und vom Bund bezahlt. Dass das nicht die Idealsituation ist, gestehen zwar alle Beteiligten zu, bei der Erarbeitung von Alternativen sind die Gemeinsamkeiten jedoch schon wieder vorbei. Während der Bund die Lehrer unter dem Stichwort "Verländerung" gerne ganz abtreten würde, fürchten die Länder die damit möglicherweise verbundenen Mehrbelastungen. Entsprechend hielt Wiens Bürgermeister Häupl schon am Vormittag gegenüber der APA fest: "Aus meiner Sicht ist das Thema vom Tisch".
In der Frage des abgestuften Bevölkerungsschlüssels unterbreitete der Bund einen Vorschlag zur Abschaffung der untersten Stufe. Damit verbunden wäre ein weg vom Gießkannensystem und hin zu mehr Solidarität unter den Gemeinden, erläuterte Grasser. Es müssten Schritte Richtung aufgabenorientierter Finanzierung erfolgen und finanzstarke Gemeinden sollten den finanzschwachen helfen, ebenso große Städte den kleinen. Von der Abschaffung würden 2.151 von insgesamt 3.358 Gemeinden profitieren.
An ein Scheitern der Verhandlungen will derzeit jedoch noch niemand glauben. Noch bleibt ja ein guter Monat für eine Einigung.