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Dass mit "ROMA" am vergangenen Samstag die erste Netflix-Produktion einen Hauptpreis bei einem A-Filmfestival abgestaubt hat, ist bemerkenswert: Der Goldene Löwe für Alfonso Cuarons elegisches Eintauchen in die eigene Jugendzeit in Mexiko ist für den zweifachen Oscar-Preisträger ("Gravity") ein weiterer Karrieren-Meilenstein, für die Filmwelt bedeutet dieser Preis geradezu eine Revolution. Denn "ROMA" wurde im Mai beim Filmfestival von Cannes abgelehnt, weil Netflix seine Strategie, die eigenen Produktionen nicht im Kino, sondern lieber gleich auf seiner Plattform zu zeigen, nicht aufgeben wollte.
Durch den Netflix-Bann von Cannes stand das dortige Filmfestival plötzlich ohne Programmhighlights da; die wanderten alle nach Venedig ab, wo heuer sechs Netflix-Filme zu sehen waren. Und wo mit "ROMA" einer nun den Hauptpreis erhielt. Die Jury rund um den Mexikaner und Vorjahresgewinner Guillermo del Toro hat auf die Filmkunst geschaut und Cuaron vor allem wegen der Qualität von "ROMA" prämiert. Nach außen hin aber ist der Sieg ein Schlag ins Gesicht von Cannes und in jenes des Erfahrungsortes Kino - denn "ROMA" gehört zwar eigentlich auf die große Leinwand, ist aber nun nur auf Tablet, Handy und Smart-TV zu sehen. Dabei ist der Film eigentlich genau das Gegenteil von dem, was Netflix sonst so produziert: Er zeigt in 135 Minuten langsam montierte Alltagsszenen aus dem Mexiko der 1970er Jahre - und das in Schwarzweiß. Die Filmwelt steht kopf.