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Verkehrte Welt bei Hypo-Deal

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Wollten Kärnten und Tilo Berlin Risiken verbergen? | Scharfe Kritik an BayernLB-Führung. | Klagenfurt. Wenn mögliche Milliarden-Schadenersatzklagen im Raum stehen, gewinnt jede Zusatzinformation an Gewicht. Der Hypo-Untersuchungsausschuss des Kärntner Landtags beschäftigte sich am Mittwoch eingehend mit dem Kauf der Mehrheit an der ehemaligen Landesbank durch die BayernLB im Jahr 2007. Wie berichtet, haben die Münchner bei ihrem Österreich-Abenteuer insgesamt 3,7 Milliarden Euro in den Sand gesetzt und wollen sich zumindest einen Teil des Geldes - eventuell auch von Kärnten - wieder zurückholen.


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Tatsächlich gibt es eine lange Liste an Auffälligkeiten rund um den Deal. Die Münchner Wirtschaftsprüferin Corinna Linner erwähnte vor dem Klagenfurter U-Ausschuss in erster Linie den Zeitdruck, der von den Verkäufern - also dem Land Kärnten und dem Vermögensverwalter Tilo Berlin - ausgegangen wäre. "Wenn ich eine gute Ware habe, brauche ich nicht aufs Tempo zu drücken", so die Expertin. "Wenn ich aber weiß, dass es Risiken gibt, die vielleicht schlagend werden, drücke ich vielleicht aufs Gas", meint Linner, die für die jetzige BayernLB-Führung einen aufsehenerregenden Bericht über den Hypo-Deal verfasst hat.

Falls es Risiken gegeben habe, die zwar den Verkäufern, aber nicht den Käufern erkennbar gewesen sind, wäre es die Pflicht Ersterer gewesen, darauf hinzuweisen, so Linner. Andernfalls liege eine Täuschung vor. Auch staunt die Expertin darüber, dass Kärnten und Berlin auf exklusive Verhandlungen mit den Münchnern gesetzt haben. Verkehrte Welt: Normalerweise suchen Käufer Exklusivität, nicht die Verkäufer, da Zweitere höhere Preise erzielen können, wenn es mehrere Interessenten gibt.

In ihrem Gutachten, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, übt Linner jedoch in erster Linie heftige Kritik am Vorgehen der BayernLB - Vorwürfe, die sie vor dem U-Ausschuss am Mittwoch erneuerte. So sei die von der BayernLB durchgeführte Unternehmensprüfung zu schnell durchgezogen worden. Die Prüfer hätten auch die einzelnen Länder-Töchter vor Ort unter die Lupe nehmen müssen. "Ich hätte mich nicht damit abspeisen lassen, nur die Akten einzusehen, die man mir hier in Klagenfurt vorlegt", so Linner.

Jene Risiken, die trotz der Eile aufgetaucht sind, wären seitens der Bayern anders zu "bearbeiten" gewesen, als dies geschehen ist, so die Expertin. Die Vermutung, dass das Risikomanagement insgesamt und auch die Computer-Systeme bei der Hypo mangelhaft gewesen seien, habe sich bestätigt. Auch dass die Prüfer nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestellt haben, "würde mich als möglicher Käufer stutzig machen".

Dennoch habe die damalige BayernLB-Führung darauf verzichtet, für die erkannten Risiken im Kaufvertrag vorsorglich Abschläge zu vereinbaren, kritisiert Linner. Allerdings habe sie auch nirgends eine Stellungnahme der Verkäufer zu diesen Risiken gefunden. Auf die Frage des Grünen Ausschuss-Vorsitzenden Rolf Holub, ob ein Kaufvertrag mit lediglich 23 Seiten bei einem derartigen Deal üblich ist, meinte die Expertin, dass man für einen simplen Hauskauf schon 15 Seiten braucht.

Sorgfalt eingehalten?

Dass die BayernLB dem Zeitdruck seitens der Verkäufer nachgegeben hat, begründet Linner damit, dass die Münchner Bank die Hypo eben unbedingt haben wollte. Für allfällige Schadenersatzforderungen stellt sich insgesamt nicht nur die Frage, ob Kärnten Risiken verschwiegen hat, sondern auch, ob die damalige BayernLB-Führung ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. In ihrem ursprünglichen Bericht stellte Linner dies in den Raum, hat ihre Kritik jedoch später etwas entschärft. Sowohl die BayernLB als auch das Land Kärnten und Tilo Berlin haben ein Fehlverhalten stets zurückgewiesen.