Mehr als die Hälfte aller Kaufentscheidungen werden im Geschäft getroffen. | Anordnung der Produkte im Shop genau durchdacht. | Duft und Musik sollen angenehme Atmosphäre schaffen. | Wien. Beim Betreten des Ladens riecht es nach frischem Gebäck, in der Mitte des Geschäftes reihen sich wie auf einem Marktplatz knackige Äpfel an knallige Orangen. Die Handelsketten überlassen bei der Gestaltung ihrer Läden nichts dem Zufall: Denn das Shopdesign beeinflusst maßgeblich das Kaufverhalten, sagt Manuel Galitschke vom Münchner Beratungsunternehmen Nymphenburg.
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65 Prozent aller Kaufentscheidungen werden im Geschäft getroffen, wie psychologische Untersuchungen ergeben haben. Mit der Atmosphäre im Geschäft und dem gebotenen Einkaufserlebnis könne ein Händler also Vertrauen in seine Marke schaffen, aber genauso zerstören.
Sparsamer Ladenbau
"Das Design spielt seit einigen Jahren ein immer größere Rolle", sagt Galitschke. Handelsketten würden die Gestaltung ihrer Filialen stärker an ihrem öffentlichen Markenauftritt ausrichten, damit der Kunde ein einheitliches Bild von der Marke bekommt.
Wie die Geschäfte aussehen, hängt von der Positionierung des Händlers ab: Supermärkte gestalten ihre Läden immer mehr im gehobeneren Bereich. "Diskonter müssen ihre Sparsamkeit hingegen auch in der Einrichtung zeigen", sagt Reinhard Peneder, Vorstand des Deutschen Ladenbau Verbandes und Marketingleiter des Ladenbauers Umdasch Shopfitting Group in Amstetten. Seit ein paar Jahren werden die Fassaden auffälliger gestaltet, um Kunden nach einem Blick ins Schaufenster in den Laden zu locken, so Peneder: "Die Händler treten in den vergangenen Jahren nach außen hin plakativer auf."
Außerdem setzen viele Händler bei der Errichtung oder beim Umbau von Filialen auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz: Beispielsweise beheizt die Abwärme der Kühlanlagen im Winter die Filiale, oder die Regale werden mit energiesparenden LED-Lampen beleuchtet. Die Inneneinrichtung des Schuh- und Outdoor-Bekleidungshändlers Timberland besteht beispielsweise zum Teil aus recycelten Materialien. Über Infosäulen erfahren Kunden, wo das Material herkommt und welche Hilfsprojekte die US-Firma unterstützt.
Leichter orientieren
Die Anordnung der Waren im Geschäft wird genau geplant: Einerseits soll sich der Kunde leicht zurechtfinden, andererseits will der Händler mit der optimalen Anordnung seinen Umsatz maximieren. Als verkaufsstark gilt etwa ein Produkt, das im Regal auf Augenhöhe liegt. Verkaufsschwach ist vor allem der untere Regalbereich, zu dem sich Kunden bücken müssen.
Waren, die regelmäßig am Einkaufszettel stehen, müssen nicht besonders ins Auge stechen, da sie sowieso im Einkaufswagen landen. Snacks oder Süßigkeiten gehören hingegen zu den Impulsartikeln, an die der Kunde durch auffällige Präsentation in zusätzlichen Körben oder an der Kassa "erinnert" werden soll.
"Eine ideale Warenanordnung gibt aber nicht", betont Galitschke. Die Positionierung richte sich danach, welche Eigenschaften die Kunden mit einem Händler verbinden sollen: "Billa hat etwa Frische und Natürlichkeit in den Vordergrund seiner Kommunikation gestellt, daher sind Obst und Gemüse meist beim Eingang", so Galitschke.
Einen anderen Weg geht Interspar, der in den neuen und umgebauten Filialen Non-Food-Artikel beim Eingang platziert. "Wir haben in Kundenbefragungen herausgefunden, dass die bisherige Anordnung für das Einkaufsverhalten unpraktisch war - weil ein Kunde beispielsweise zuerst Weintrauben in den Einkaufswagen legt und dann Schweres, etwa eine Kaffeemaschine, darauf", sagt Nicole Berkmann, Sprecherin der Handelskette Spar.
In der Mitte der Interspar-Filialen befindet sich nun eine Frische-Insel mit Feinkost, Backwaren sowie Obst und Gemüse, damit sich die Kunden wie auf einem Marktplatz fühlen.
Alle Sinne ansprechen
Zusätzlich wurden Warenbereiche, die zusammengehören, zusammengefasst - damit sollen sich die Kunden leichter und logischer orientieren können. "Zahnbürsten sind jetzt zum Beispiel in einem Regal mit elektrischen Zahnbürsten und den dazugehörigen Batterien", erklärt Berkmann.
Konsumenten sollten beim Einkauf mit allen Sinnen angesprochen werden - etwa mit Verkostungen. Emotionen sollen auch Düfte wecken: Der Geruch nach frischem Gebäck kommt nicht immer aus dem Backofen. Bäckereiduft wird versprüht, um eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen (siehe Artikel unten). Studien zeigen, dass sich Kunden in wohlriechenden Geschäften länger aufhalten und mehr kaufen. Die Auswirkung von Duft und Musik auf die Kaufentscheidung sei aber schwierig nachweisbar, meint Peneder: "Duftmarketing ist ein gefährliches Feld. Man muss aufpassen, dass man den Geruch nicht überdosiert, sodass er penetrant wirkt", warnt er.
Genauer nachweisen lässt sich die Wirkung von Interaktion mit neuen Medien: Etwa mit einem Bildschirm im Geschäft, in den der Kunde die gekauften Produkte eingibt und ihm der Computer daraufhin Rezepte vorschlägt.