Reges Interesse an der Europa- und Weltpolitik demonstrierten gestern Schüler und Schülerinnen der Europäischen Mittelschule (EMS) in Wien-Neubau, als sich ihnen der britische Europaminister Denis MacShane einer Fragenrunde stellte.
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Jugendliche interessieren sich für politische Fragen - wenn man sie nur lässt und inhaltlich darauf vorbereitet. Die 13- bis 15-jährigen EMS-Schüler bekamen denn auch vom britischen Europaminister zu hören, dass die EU den illegalen Drogenhandel nur bekämpfen könne, "wenn wir mit bestimmten Ländern kooperieren". Dabei führte MacShane die Balkanstaaten ebenso an wie die Türkei und Afghanistan. "Soll die Türkei überhaupt in die EU aufgenommen werden", wollte dann die gebürtige Türkin Suya (13) wissen. Das würde für das Land "die zweite Modernisierung nach Atatürk" bedeuten, meinte der Labour-Minister. Das werde Jahre dauern, doch sollte das Land nicht von der Hoffnung auf den Westen ausgeschlossen werden, wurden die Schüler auch mit diplomatischen Aussagen konfrontiert.
Hochpolitisch auch die Antwort auf die Frage, weshalb das Vereinigte Königreich noch nicht die Gemeinschaftswährung eingeführt habe. Zum einen habe in der Vergangenheit die konservative Regierung aus "ideologischen" Gründen den Euro abgelehnt. Zum anderen würden derzeit die wirtschaftlichen Kriterien noch nicht erfüllt. Und MacShane beruhigte die Schüler: "Ich verlasse London jedenfalls nie ohne Euro." Von Sarah (14) auf einen möglichen Zusammenhang der Kriminalitätsrate mit der EU-Erweiterung angesprochen, antwortete der Minister, das sei ein soziologisches Problem. "Armut schafft Kriminalität." Außerdem meinte er zur Problematik der Flüchtlinge: "Wenn Sie sagen, sie müssen draußen bleiben, kommen sie trotzdem."
Am Nachmittag führte MacShane u.a. Gespräche mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, den Ministern Benita Ferrero-Waldner, Martin Bartenstein und Dieter Böhmdorfer sowie mit SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer. Themen waren die Erweiterung, die Finanzierung und die Verfassung der EU.