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Der kleine Inselstaat Kap Verde, im Atlantik vor der Küste Senegals gelegen, ist ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit im Außenministerium. 20 Jahre Kooperation erfordert Verlässlichkeit auf beiden Seiten, eine gute Gesprächsbasis, wenn nötig konstruktive Kritik - und den Glauben an positive Veränderungen.
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Begonnen hat alles mit einer Briefmarke. Anfang der 70-er Jahre besuchte der Maler Friedensreich Hundertwasser den Inselstaat. Er war vom Freiheitswillen Kap Verdes, das 1975 die Unabhängigkeit von Portugal erlangte, so beeindruckt, dass er eine Briefmarke entwarf. "O Vapor/Der Dampfer" wurde von der österreichischen Staatsdruckerei aufgelegt.
Die Ausgangssituation des jungen Staates war denkbar schlecht. "Sie haben nur Steine und Menschen", hat jemand gesagt. Extreme Trockenheit, oft jahrelang kein Regen - das kennzeichnet die Inseln am Rande der Sahelzone. Kommt man nach einem der seltenen Regenfälle wieder, ist alles binnen Tagen in eine sanft grüne Landschaft verwandelt. Meist jedoch reichen die Niederschläge kaum aus, um den Mais bis zur Reife zu bringen. Kap Verde kann bis heute nur zirka 15 Prozent seiner Nahrungsmittel selbst produzieren. Auch Österreich leistet Nahrungsmittelhilfe, inzwischen sinnvollerweise nicht in Form von Getreidelieferungen, sondern als Finanzzuschuss. Die Regierung Kap Verdes kauft Getreide auf dem Weltmarkt ein, verkauft es an die Bevölkerung und finanziert mit den Erlösen Programme der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zum Erosionsschutz, zur Bewässerung und Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit. Wasser ist Thema Nummer eins auf Kap Verde. Deshalb ist der Boden- und Wasserschutz von so großer Bedeutung.
Die Existenz sichern
"Das Kapital Kap Verdes sind seine Menschen", hat Hannes Hauser, jahrelang im Außenministerium und in Kap Verde für die österreichischen Projekte verantwortlich, einmal bemerkt. Dieses Kapital kann jedoch bis heute nicht genügend genutzt werden. Mangelndes Einkommen und hohe Arbeitslosigkeit treibt viele Erwerbsfähige, vor allem Männer, in die Emigration. Etwa 700.000 Kapverdianer leben im Ausland, auf den Inseln sind nur 428.000 Menschen verblieben. Freilich schicken sie Geld für ihre Familien nach Hause, auch für Investitionen in Häuser und Geschäfte, falls sie einmal zurückkehren. Für viele bleibt es immer ein Traum.
Die österreichische Kooperation trägt der hohen Arbeitslosigkeit von mehr als 25 Prozent Rechnung und unterstützt Programme zur Förderung des Gewerbes. Vor allem sind es Klein- und Mittelbetriebe, die durch Schulung und Beratung ihre Existenzsicherheit erhöhen können. So wurden etwa Unternehmensberater ausgebildet, damit Initiative und gute Ideen nicht verpuffen, sondern in zukunftsfähigen Betrieben münden. Beispielhaft hat sich die Kooperation im Tischlereigewerbe entwickelt.
Anfang der achtziger Jahre begannen Idealisten aus Leibnitz mit einem Projekt "um zu helfen". In der Städtepartnerschaft Pedra Badejo-Leibnitz wurde die Kooperation auf vielfältige Weise weiterentwickelt. Spaziert man heute durch die kleine lebendige Bezirksstadt Pedra Badejo auf der Insel Santiago, sind die Ergebnisse der Kooperation nicht zu übersehen: Viele Straßen sind sauber gepflastert, es gibt Stromversorgung, der Gesundheitsposten wurde ausgebaut. Das Fotogeschäft "Austria" erinnert an ein Kreditprogramm. Und vor allem: Die Tischlereikooperative "Leibnitz" hat sich zu einem konkurrenzfähigen Betrieb und zur einzigen Ausbildungsstätte für Tischler entwickelt. Es gab natürlich auch Rückschläge. Eine hoffnungsvolle Fischereikooperative hat sich "im Sand verlaufen".
Heute sind die Leibnitzer vor allem in Schulprojekten engagiert. Im Bezirk werden Schritt für Schritt die Grundschulen mit viel Eigeninitiative der Lehrer und Eltern renoviert. Fortbildung für Lehrpersonal wird aber ebenso groß geschrieben wie die Unterstützung bei der Verbesserung von pädagogischem Material und der Schulreform insgesamt.
In einem Inselstaat ist es vielleicht noch wichtiger als anderswo, dass dezentrale Strukturen funktionsfähig sind. Österreich fördert in einigen Gemeinden der Insel Santiago die Stärkung von Verwaltungsstrukturen. Es geht ums Know-how, damit die Wasser- und Energieversorgung auf kommunaler Ebene nachhaltig gestaltet werden kann.
Die Kooperation Österreichs mit Kap Verde soll sich aber nicht in Einzelaktivitäten zersplittern. Darum werden die Schwerpunktthemen und die Aktivitäten zwischen den Partnern im Detail ausverhandelt und jeweils in Dreijahresprogrammen festgehalten. Demnächst wird ein neues Abkommen von offizieller Seite unterschrieben.
Viele Besucher Kap Verdes kennen nur die Insel Sal, denn dort hat sich mit einigen internationalen Hotels ein aufstrebender Tourismus etabliert. Sonne, Sand und Meer - davon hat der Inselstaat in Fülle. Der Gast kann dazu beitragen, indem er Interesse auch für die anderen Inseln zeigt und indem er Verständnis für ein armes Land hat, in dem manches nicht auf Anhieb funktioniert. Reiche Entschädigung gibt es in Form atemberaubender Landschaften und liebenswerter Gastgeber.