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Einst galt: "Stadtluft macht frei". Für die Wiener VP gilt eher das Gegenteil. Ob Opposition dazu führt, dass eine Partei ihre Gene verändern kann? Zweifel sind angesagt.
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Wenn Michael Häupl demnächst endgültig Rot-Grün verkündet, steht die Wiener VP vor der nicht unspannenden Aufgabe, sich eine neue Idee von ihrer Stadt geben zu müssen. Oder besser gesagt: Sie muss sich überhaupt einmal eine unverwechselbare politische Idee von und für Wien erarbeiten.
Warum es nicht längst ein programmatisches Grundgerüst der ÖVP für den urbanen Raum gibt? Schwer zu sagen. Konzeptionell über Politik nachzudenken, ist generell aus der Mode. Die zig Millionen Euro Förderung für die Parteiakademien werden lieber für Kampfrhetorik und zur verkappten Kampagnenfinanzierung herangezogen; gut versteckt selbstverständlich, auf dass der Rechnungshof ja nichts zu Beanstandendes findet. Einzig für den ländlichen Raum verfügt die Volkspartei über eine in sich konsistente politische Philosophie. Dem Bauernbund sei Dank.
Für das Stadtleben fühlt sich im Bünde-Bündel der Volkspartei dagegen niemand wirklich zuständig. Der Arbeitnehmerbund AAB mag dort leidlich funktionieren, wo die Schwarzen die strukturelle Mehrheitspartei sind. In Wien existiert er, polemisch formuliert, nur noch zwecks innerparteilichem Machterhalt. Als verlässliches Stimmungsbarometer in die breite Bevölkerung taugt er längst nicht mehr.
Und der Wiener Wirtschaftsbund hat sich gedanklich ohnehin längst aus der Landespartei verabschiedet. Ihm genügt die Wirtschaftskammer als politische Spielwiese vollkommen, mit der sich auch ganz wunderbar jenseits öder Parteipolitik Arrangements mit der Stadtregierung vereinbaren lassen .. .
An welchem Wesen also soll nur die Wiener VP genesen?

Die Strukturen sind längst zu einer Last geworden. Statt als Transmissionsriemen von Bürgern zur Partei und zurück zu dienen, stehen Bünde wie Bezirksorganisationen dem eher entgegen. Und personell ist die Partei ohnehin längst auf den allerletzten Rest reduziert. Das ist nicht herablassend, sondern lediglich die logische Konsequenz eines jahrzehntelangen Niedergangs. Und finanziell wird ein Sparpaket fällig, gegen das die Budgetpläne Josef Prölls als Wellness-Kur erscheinen.
Apropos Pröll: Von der im Nachbarhaus vis-a-vis des Rathauses angesiedelten Bundespartei können die Wiener Schwarzen keine Hilfe erwarten. Wie die letzten zwei Jahre deutlich zeigen, hat auch die Bundespartei ihren programmatischen roten Faden nicht gefunden. Immerhin kann sich Pröll damit trösten, dass es der SPÖ unter Werner Faymann nicht besser geht. Und geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.
Siehe auch:Rot-Grün ist in Wien auf der Zielgeraden