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"Verluste - quo vadis?" Eine gute Frage, die von Steuerexperten neuerdings immer öfter aufgeworfen wird. Seit 1996, dem Jahr moderner fiskalischer "Strukturanpassung", ist der steuerliche Verlustvortrag mehr und mehr selbst zum Verlustobjekt geworden und hat durch seine kontinuierliche Verformung reichlich Irritationen erzeugt. Auch heuer wieder: für die Steuerjahre ab 2001 gibt es einen besonderen 75%-Schnitt.
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Wer innerhalb seines Betriebes einen Verlust erleidet, darf diesen in die Zukunft vortragen und mit künftigen Gewinnen aufrechnen. Diese einfache steuerliche Formel verhindert, dass der Finanzminister zwar Jahresgewinne progressiv abschöpft, Jahresverluste aber nicht einmal ignoriert.
Neben der betrieblichen Verlustabzugsmöglichkeit gibt es ein analoges Verlustvortragsrecht auf der privaten Einkommensebene - und zwar unter den Sonderausgaben. Verluste können also steuerlich in die Zukunft projiziert werden, und das zeitlich unbegrenzt. Ein einfaches Prinzip. Das einfache Prinzip gilt vor allem für die operativen Verluste, also für Jahre, in denen die betrieblichen Aufwendungen die Erträge übersteigen. Daneben gibt es aber noch Sonderverluste, die zwar auch aus den roten Zahlen herrühren, aber vom Fiskus aus vielerlei Gründen geknebelt werden. Dazu gehören die durch die (früheren) Investitionsfreibeträge entstandenen Abgänge, ferner jene aus steuerlich "anrüchigen" Beteiligungen oder verschiedene branchenbezogene Verluste, die Kraft Gesetzes im Talon bleiben müssen (z.B. bei Leasinggesellschaften).
Diese "Wartetastenverluste" sind nicht vortragsfähig, müssen vielmehr solange eingefroren bleiben, bis der Betrieb, dem sie entstammen, irgendwann Gewinne ausweist; erst dann dürfen sie mit dem Gewinn aus just diesem Betrieb aufgerechnet werden.
"Verlustvortragspolitik" als Budgethilfe
In den Neunzigerjahren gaben die Finanzlegistiker des Ministeriums ihrem Minister einen guten Budgethilfe-Tipp. Sie schlugen vor, die Verlustvorträge der Jahre 1996 und 1997 kurzerhand zu verbieten; Das erwies sich als effiziente Steuerquelle, weil jene Betriebe, die sich gerade aus den roten Zahlen erholt hatten, nun auch flugs zur Steuerkasse gebeten werden konnten.
Um die Verlustvorträge aus 1989 und 1990, die unter das neue Verdikt gefallen wären, doch noch zu retten, erlaubte man, dass die Abgänge aus diesen beiden Jahren doch noch vorgetragen werden dürfen. In Fünftelbeträgen, nämlich in die Jahre 1998 bis 2002. Konnten sie solcherart bisher verbraucht werden, wars gut; wenn nicht, waren sie halt doch auch verloren. Anno 2001 sind Budgethilfe-Tipps nicht weniger gefragt als ehedem. Diesmal haben die Finanzlegistiker die 75%-Klausel ausgeheckt. "Im Sinne einer Besteuerung, die sich stärker an der aktuellen Liquidität von Unternehmen orientiert" - freundlicher kann man es nicht ausdrücken.
Die 75%-Wirkung
Betriebliche Verluste, die im Laufe des Jahres nicht "aufgesaugt" werden können, dürfen ab 2001 nur im Ausmaß von 75% der in den Folgejahren erzielten Betriebsgewinne aufgerechnet werden.
Im Bereich der einkommensteuerlichen Sonderausgaben gilt Analoges: Vortragsfähige Verluste dürfen nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen werden.
Praktisch bedeutet das also, dass Verluste der Jahre 2000 und davor nur drei Viertel der künftigen Jahresgewinne oder Jahreseinkünfte aufsaugen dürfen; ein Viertel der Betriebs-gewinne oder Einkünfte muss steuerpflichtig bleiben.
Gleiches gilt für die Wartetastenverluste: auch sie dürfen innerhalb ihrer künftigen Ausgleichsmöglichkeiten nur bis zur Höhe von 75% der Betriebsgewinne wirken. Und auch für die oben erwähnten Fünftelverluste, die eigentlich bis Ende 2002 "zum vorrangigen Verbrauch" bestimmt sein sollten, gibt es keine Sonderbehandlung: der 75%-Schlagbaum gilt auch für sie.
Eine "verdünnte" Verlustverrechnung
Durch die mit 75% begrenzte Zukunftswirkung der alten Verluste bleibt natürlich immer ein Teilbetrag davon zur weiteren (auf jeweils 75% begrenzten) Gewinne/Einkommensaufrechnung übrig, der sich im weiteren Verlauf der Jahre immer mehr verdünnt - oder auch wieder aufbaut, wenn sich neue Jahre mit roten Zahlen abzeichnen.
Nur in einem Fall lockert das Gesetz die ungute ¾-Klausel. Betriebliche Sondergewinne (z.B. Sanierungsgewinne, Veräußerungs- oder Aufgabegewinne und Liquidationsgewinne) bleiben von der Aufrechensperre verschont; bei ihnen darf die volle (100%ige) Verrechnungsmöglichkeit gelten.
Einfluss auf die Steuerplanung 2001
Nach der Fertigstellung der Jahresabschlüsse für 2000 bietet sich für viele Betriebe gerade anlässlich der bevorstehenden Jahresmitte gute Gelegenheit, die Steuerplanung für 2001 zu überdenken und zu konkretisieren. Dabei sollte eine durchdachte Gewinnsteuerung die heuer erstmals geltende steuerliche Verlustbeschränkung entsprechend mitberücksichtigen.