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Vermächtnis Gemächt

Von Judith Belfkih

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Die Museen eines Landes sind wie kulturelle Visitenkarten. In erster Reihe strahlen die großen Häuser mit ihren barocken Schinken und Meisterwerken. Für das differenziertere Psychogramm einer Nation sind jedoch die kuriosen Museen deutlich interessanter. Also all jene Häuser, die jenseits des finanziellen Wertes ihrer Exponate gegründet wurden, um eine sehr spezielle Neugierde oder Sammlerlust zu stillen.

Als besonders ausgefallen geistert derzeit das isländische Phallus-Museum durchs Netz. Es hält, was der Name verspricht, und hat 286 Geschlechtsteile unterschiedlichster Säugetiere ausgestellt - eingelegt in Formaldehyd. Die zur Schau gestellten Penisse stammen von Bären, Seehunden, Katzen, Mäusen - und von einem Mann. Der mit 96 Jahren verstorbene und zeitlebens als Schürzenjäger bekannte Herr hatte dem Museum sein bestes Stück testamentarisch vermacht. Der Direktor des Hauses hat noch weitere Gemächt-Vermächtnisse erhalten. 170 Zentimeter lang und 75 Kilogramm schwer ist übrigens das größte Exponat, es stammt von einem Pottwal. Ihm gegenüber steht ein leeres Gefäß, das den Penis eines isländischen Elfen enthalten soll.

Der Blick nach Wien lässt viele Schlüsse zu. Der Hauch des Morbiden findet sich auch bei uns. Neben dem Zauberkasten- und Globen-Museum haben wir ja bekanntlich ein Anatomisches Museum, ein Bestattungs- und ein Foltermuseum. In Sachen Geschlecht mögen wir es jedoch lebendiger als die Isländer. Mit einem Kondom- und einem Verhütungsmuseum sind wir eher an der Praxis interessiert. Zur Nachbetrachtung gibt es dann immer noch das Freud-Museum.