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Die Gaza-Krise ist ein Spiegelbild der regionalen Rivalitäten.
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Gaza/Wien. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon ist derzeit auf einer schwierigen Friedensmission: Er versucht, die blutigen Kämpfe zwischen Israel und der Hamas im Gaza-Streifen zu beenden. Von einem Waffenstillstand ist man weit entfernt. Die Suche nach einem Vermittler erweist sich als schwierig. Die regionalen Keyplayer nutzen den blutigen Konflikt, um ihre persönlichen Scharmützel auszuschlachten.
Am weitesten aus dem Fenster lehnt sich Ankara und erteilt den ägyptischen Vermittlungsversuchen eine Abfuhr. Mit einem Hitler-Vergleich beendete der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan die Versöhnungsversuche seines Landes mit Israel. Die ägyptische Führung bekam den türkischen Unmut zu spüren. Schützenhilfe bekam Erdogan aus Venezuela und dem Iran. Das Vorgehen Israels in Gaza sei eine "Barbarei, die Hitler überflügelt", empörte sich der türkische Premier, der das Israel-Bashing Beobachtern zufolge vor der heurigen Präsidentschaftswahl im August, bei der er selbst antritt, genau kalkuliert hat.
Die türkisch-israelischen Beziehungen sind seit dem Jahr 2010 gestört. Damals überfiel Israel Schiffe mit Hilfsgütern für Palästina, neun Türken starben dabei. Auch die Hamas wehrt sich gegen Ägypten als Vermittler - Israel wiederum lehnt die Türkei und Katar ab. Und der Iran sieht seine Stunde gekommen, um den ägyptischen Vorschlag zu torpedieren. Ein Teufelskreis.
Worum es beim Vorschlag aus Kairo geht: Zuerst werden die Waffen niedergelegt, dann wird alles andere besprochen. Die Ägypter sprachen sich mit Israel ab, die israelische Führung begrüßte die Initiative. Doch die Hamas stellte sich quer: Man habe davon aus den Medien erfahren und wolle mehr Garantien hinsichtlich der Aufhebung der Blockade von Gaza. Ein Hamas-Sprecher bezeichnete den Vorschlag gar als "Kniefall vor Israel". Auch Katar, der Iran und die Türkei halten nichts von Ägyptens Schlichtungsversuchen. Zudem will die Hamas eine dauerhafte Öffnung des Grenzübergangs Rafah zu Ägypten, einen Deal, der allen Palästinensern erlaubt, in die Al-Aqsa-Moschee von Jerusalem beten zu gehen, sowie die Freilassung von politischen Gefangenen. Eine Mediation Ägyptens ist zudem schwierig, da zwischen Kairo und der Hamas Eiszeit herrscht. Letztere ist auf den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi nicht gut zu sprechen, da dieser die Muslimbruderschaft rund um Ex-Präsident Mohammed Mursi aus dem Amt gehievt hat.
Ebenfalls vermitteln will Katar. Das Emirat beherbergt den Exil-Chef der Hamas, Khaled Mashal, seit dieser aus Damaskus fliehen musste. Mashal gilt als enger Vertrauter Erdogans. Ban muss nun Erdogan bremsen sowie Kairo und Doha zu einer gemeinsamen Exit-Strategie ermutigen. Nach Doha versucht er es in Kairo. Die israelische Militäroffensive nannte er eine "scheußliche Tat". Die Gewalt müsse aufhören. Indes schickte US-Präsident Barack Obama seinen Chefdiplomaten John Kerry in die Region und äußerte "ernste Besorgnis" über die wachsende Zahl der Opfer. Ban bleibt ein baldiger Erfolg zu wünschen, denn die Zeit drängt.