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Vermittlung als Trumpf

Von Georg Friesenbichler

Analysen

+++ Russland kehrt in neuer Rolle auf die Weltbühne zurück.


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Rasch hat der russische Präsident Wladimir Putin den Eindruck zu verwischen versucht, er würde stets auf einer Linie mit dem Westen agieren. Zwar unterstützt er als Mitglied des Nahost-Quartetts die Forderungen an die Hamas nach Anerkennung Israels, diese sei aber keine terroristische Gruppierung. Die Finanzhilfen für Palästina sollten weiter gehen.

Auch im Atomkonflikt mit dem Iran wird Russlands Vermittlerrolle immer wichtiger, nachdem die EU mit ihren Bemühungen gescheitert ist. Hektisch versucht man Teheran zu überzeugen, dass die bloße Information des Sicherheitsrates noch keinen Grund darstellt, den Dialog abzubrechen.

Putin hat in seiner Jahrespressekonferenz seine große Themenpalette auf einen Punkt gebracht: Er fühlt sich als Wortführer der "Staaten im Übergang". Darin sieht er auch die Berechtigung für die russische Mitgliedschaft in den G8, den führenden Industrienationen der Welt. Russland, das derzeit den G8-Vorsitz innehat, wird von westlichen Politikern immer wieder wegen wachsender Menschenrechts- und Demokratiedefizite kritisiert.

Jüngstes Beispiel dafür ist ein Gesetz, das NGOs (Nicht-Regierungs-Organisationen) der strengen Kontrolle des Staates unterwirft. Vergangene Woche wurden NGOs wie das Moskauer Helsinki-Komitee oder das Komitee gegen Folter gar mit dem Fall angeblicher britischer Spione in Verbindung gebracht, und Putin reichte am Dienstag nach, solche Organisationen dürften nicht von "Puppenspielern aus dem Ausland" gelenkt werden.

Konziliant nach außen, hart nach innen

Dahinter dürfte - ganz wie in alten Sowjetzeiten - die Furcht stehen, diese Gruppen könnten sich zum Kristallisationspunkt für eine Zivilgesellschaft entwickeln, wie sie in Georgien, der Ukraine und Kirgisien zum Sturz der Regime beigetragen hat. Solches soll für Russland, aber auch für andere ehemalige Sowjetrepubliken verhindert werden. Putin nannte nun das autoritär regierte Usbekistan als Land, wo es keine Revolution geben darf.

Gegenüber den Nachbarn Ukraine und Georgien, die demokratische Wege einzuschlagen versuchen, hat der Kreml in jüngster Zeit seine Macht demonstriert - Gaslieferungen wurden dabei als politische Waffe eingesetzt. Die Vormachtstellung in der Region muss gehalten werden.

Aber auch im Iran und im Nahen Osten geht es um Energie. Nicht nur wegen der russischen Eigenversorgung: Wenn der Westen an ideologischen Differenzen mit anderen Ländern scheitert, kann Moskau als unverzichtbarer Vermittler einspringen, so die Botschaft sowohl an die westlichen Staaten als auch an ihre Gegner.

Der Kalte Krieg ging verloren, die darauf folgenden Beschwörungen alter Stärke fanden keine politische und ökonomische Entsprechung. Nun versucht Putin, Russland in neuer Rolle zu seiner alten Großmachtstellung zurückzuführen.