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"Verrückter Araber" soll im Irak für Ordnung sorgen

Von Daniel Jahn

Politik

Der Mann scheint die Idealbesetzung für den heiklen Job an der Spitze der US-Truppen im Irak zu sein. Drei-Sterne-General John Abizaid ist libanesischer Herkunft, spricht fließend Arabisch, erwarb in Harvard ein Diplom in Orientalistik, studierte zeitweise in Amman, trainierte Eliteeinheiten der jordanischen Armee und war schon im Golfkrieg 1991 im Einsatz. In den US-Streitkräften hat der von Arbeit besessene 52-Jährige den Spitznamen "Mad Arab" (Verrückter Araber) weg. Nun wurde Abizaid als Nachfolger von Tommy Franks zum Chef des für den Nahen Osten, Zentralasien und Ostafrika zuständigen Zentralkommandos (Centcom) berufen. Damit wird er auch zum Oberkommandant der derzeit rund 145.000 US-Soldaten im Irak.


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Abizaid sagt von sich selbst, dass er "die arabische Welt liebt". Zweifellos hofft er, dass ihm sein arabischer Hintergrund die Mammutaufgabe im Irak erleichtert. Seinen neuen Posten wird er voraussichtlich im Juli antreten. Seine Aufgabe ist gewaltig: Die zahlreichen Angriffe auf US-Soldaten in den vergangenen Wochen zeigen, dass das Land noch lang nicht befriedet ist.

Als Centcom-Kommandant wird Abizaid zugleich aber auch für Afghanistan zuständig sein, das rund eineinhalb Jahre nach Kriegsende ebenfalls noch nicht stabilisiert ist. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hält den hochdekorierten General aber offensichtlich nicht nur wegen seiner Kenntnisse der arabischen und moslemischen Welt, sondern auch wegen seiner militärischen und strategischen Fähigkeiten für den richtigen Mann für den Job.

Noch bis Ende des vergangenen Jahres war Abizaid als Direktor im Generalstab der Streitkräfte im Pentagon angesiedelt. In Washington wird erzählt, dass Rumsfeld den "verrückten Araber" so sehr zu schätzen gelernt habe, dass er ihn nur sehr ungern zu Jahresbeginn ins Zentralkommando habe ziehen lassen.

In den Wochen vor dem Krieg wurde Abizaid dann in den Medien immer wieder als möglicher Militärverwalter des Irak gehandelt. Zwar entschied sich die US-Regierung letztlich dafür, das Land einer zivilen Übergangsverwaltung zu unterstellen, die inzwischen von Paul Bremer geleitet wird. Abizaid ist Bremer jedoch nicht unterstellt, sondern steht diesem gleichberechtigt zur Seite.

Abizaid gilt als Vertreter einer neuen militärischen Führungsgeneration, die bereit ist, sich von traditionellen Doktrinen zu lösen und ungewöhnliche Aufgaben mit ungewöhnlichen Methoden anzupacken. Ein Schlaglicht auf seine Mentalität wirft eine Episode während der US-Invasion auf der Karibikinsel Grenada 1983, als er in Abweichung von den militärischen Schulweisheiten einen Bulldozer gegen eine kubanische Stellung losschickte. Dieser Angriff wurde so berühmt, dass ihn Clint Eastwood 1986 für seinen Grenada-Film "Heartbreak Ridge" adaptierte.

Abizaid wurde als Sohn einer libanesisch-amerikanischen Familie in Kalifornien geboren. Stationen seiner Ausbildung waren neben Harvard und Amman auch die Stanford University in Kalifornien und die Militärakademie West Point.