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Nicht nur Schüler haben Angst vor der Schule. Auch viele ihrer unmittelbaren Ansprechpersonen haben Angst:
Angst davor, mit einer Klasse von 36 Jugendlichen, von denen 80 Prozent nicht Deutsch als Erstsprache haben, trotz gestiegener Leistungsanforderungen die Drop-out-Quote verringern zu müssen.
Angst vor gezielt destruktivem Schülerverhalten im Unterricht, gegen das es keine legale Handhabe gibt.
Angst vor Scheinreformen mit neuen Erlässen, die alle zu lesen keine Zeit besteht und die auszuführen im Schulalltag vernünftig nicht möglich ist, deren Verstoß aber selbstverständlich jederzeit geahndet werden kann.
Angst vor Eltern, die Lehrerfolge, Aufsicht und Erziehungsarbeit in einem Ausmaß einfordern, das realistisch gesehen nicht erbracht werden kann, und Angst vor Juristen - extern und in den Schulbehörden -, die diese Forderungen untermauern.
Angst vor einer weiteren Verringerung des ihnen am Schulstandort zur Verfügung gestellten Arbeitsplatzes von 40 mal 40 Zentimetern bei gleichzeitigem Anstieg der zu verwaltenden Listen, Bestätigungen, Schularbeiten, Hausübungen etc.
Angst vor zeitraubender Nutzung von verpflichtend einzusetzender Software mit hoher Fehlerrate und geringer Geschwindigkeit und PC-Arbeitsplätzen in zu geringer Anzahl ohne IT-Support.
Angst davor, dass die Absage an Scheinlösungen zulasten von Schülern als Management- und Lehrversagen diskreditiert wird.
Kurz: Es gibt eine Vielzahl an Auslösern von Ohnmachtsgefühlen bei Lehrern und Direktoren, weil für die Öffentlichkeit und die Politik eine Scheinwelt mit grundsätzlichen Systemfehlern auf individueller Ebene, meist ohne Unterstützung, dafür aber mit dem Damoklesschwert der Gesetzesüberschreitung, aufrechterhalten werden muss. Probleme nicht klar anzusprechen beziehungsweise zu leugnen und zu verdrängen oder woandershin zu verschieben, sind die logischen Folgen, die den Output von Schulstandorten und damit den Erfolg unseres gesamten Bildungssystems hemmen.
Auch wenn es mehr Entwicklung gibt, als die Öffentlichkeit wahrnimmt, ist die österreichische Schule noch im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts in einem Verwaltungsoverkill und einer Verdrängungskultur verstrickt, in der vermutlich nur Juristen angstfrei leben können.
Oberste Priorität für dieses Schuljahr muss es sein, Scheinwelten zu beenden, den (politischen) Mut zu haben, genau hinzusehen und die Probleme auf allen Ebenen in den Schulen, in den vorgesetzten Verwaltungsbehörden und im Ministerium beim Namen zu nennen und die Angst vor der Realität bei allen Beteiligten zu reduzieren. Wie das geht? Mit einem Dreiklang aus Transparenz, Evidenz und Budget.
Transparenz im Sinne der Klarheit der Probleme und Entscheidungswege schafft die Grundlage für die realitätsnahe Beurteilung anhand von evidenzbasierten Fakten aus Praxis und Bildungsforschung. Da bei den herrschenden Herausforderungen kostenneutrale Verbesserungen realistisch nicht mehr zu erreichen sind, müssen für die Umsetzung ausreichend Mittel dort bereitgestellt werden, wo sie am meisten der Lernleistung von Schülern zugutekommen: am Schulstandort.
Zur Autorin:
Sabine M. Fischer ist Inhaberin von Symfony Consulting, Wirtschaftspädagogin und Human-Resources-Unternehmensberaterin.