Innenminister Karl Schlögl (SPÖ) hat gestern ausländerfeindliche Tendenzen in Österreich verurteilt und gleichzeitig Mängel bei der Integration von hier lebenden ausländischen Bürgern zugegeben. | Die Quotenverordnung, die die Aufenthaltsgenehmigungen für das kommende Jahr regelt, befindet sich derzeit in Begutachtung.
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Auf Vorschlag des Innenministers soll die Zuwanderungsquote von 8.770 auf 8.235 Personen im Jahr 2000 sinken. Das Gros ist dabei für die Familienzusammenführung (5.170 Plätze, 1999: 5.210)
reserviert. Für Führungskräfte sind 1.010 Plätze vorgesehen (statt 1.130), für sonstige Erwerbstätige 1.045 (statt 1.120). Die Zahl sei in Abklärung mit einem Großteil der Bundesländer festgesetzt
worden, so Schlögl. Zum Begehr des Kärntner Landeshauptmannes und FPÖ-Chef Jörg Haider, in Kärnten nur ausländische Führungskräfte aufnehmen zu wollen, sagte der Innenminister: Er beharre auch in
Kärnten auf der Familienzusammenführung. Dass Haider keinen Zuzug von Angehörigen wolle, sei "politisch falsch und menschlich nicht akzeptabel".
"Offene Diskussion"
"Kriminalität und Zuwanderung dürfen nicht miteinander verknüpft werden" · wiewohl Kritik am Verhalten einzelner Zuwanderer nicht verschwiegen werden dürfe, so Schlögl. Er gesteht Schwächen bei
der Vollzugspraxis in seinem Ministerium zu und warnt zugleich vor "Asylmissbrauch". Eine offene Diskussion sei notwendig. Der Innenminister hat daher ein "Diskussionsforum" eingerichtet, das auch
die Schwächen in der Asyl- und Fremdenpolitik aufzeigen soll. Neben den politischen Vertretern sollen ebenso nicht-staatliche Organisationen (NGOs) daran teilnehmen.
Das angespannte Klima in Sachen Ausländer-Integration führt Schlögl auf die Steigerung der Anzahl von 344.000 (1988) auf 749.000 (1998) zurück. Es sei nicht gelungen, ein reibungsloses Zusammenleben
zu ermöglichen, stellt der Minister fest. Er ortet in Österreich eine "gefährliche Stimmung in Richtung Polarisierung". Zur Verschärfung beigetragen haben Schlögls Ansicht nach die Anti-Ausländer-
Parolen der FPÖ. Er habe immer als Brückenbauer fungiert, so Schlögl. Seine einzige Richtschnur sei die Rechtsstaatlichkeit.
Den Menschenrechtsbeirat, der in Folge des Erstickungstodes des Schubhäftlings Marcus Omofuma im Innenministerium eingerichtet wurde, bezeichnete Schlögl als notwendiges "Gewissen" des Ministeriums.
Zur Abschiebepraxis hat der Beirat 32 Veränderungsvorschläge gemacht, die zum Teil bereits umgesetzt wurden.
Szymanski folgt Matzka
Im Menschenrechtsbeirat vertreten ist auch der neue für Flüchtlingspolitik zuständige Sektionschef, Wolf Szymanski, der in dieser Funktion Manfred Matzka nachfolgt.
Die FPÖ kritisierte die vorgesehenen Zuwanderungsquoten als zu hoch. Die Migrationssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, sprach von einer "doppelzüngigen Integrationspolitik" der SPÖ. Zwischen
der von Bundeskanzler Viktor Klima angekündigten Integrationsoffensive und der Quotenverordnung sieht sie einen Widerspruch.
Einer Studie der Arbeitkammer zufolge fühlen sich 44 Prozent der Ausländer, die in Oberösterreich leben, unterdrückt. Sie berichten von Wohnmängel, zahlen im Durchschnitt eine höhere Miete und sind
der Meinung, dass Österreicher im alltäglichen leben besser behandelt werden als Ausländer.
Vertreter von NGOs haben gestern eine rasche Verlängerung des Aufenthaltsrechts für Kosovo-Flüchtlinge bis mindestens Juni 2001 gefordert. Das Aufenthaltsrecht für Kriegsvertriebene laufe mit
Jahresende aus, an eine sichere Rückkehr in die Heimat sei allerdings angesichts der instabilen politischen Lage im Kosovo kaum zu denken, so Anny Knapp von der Asylkoordination Österreich. Nach
Schätzungen der NGOs halten sich derzeit 8.000 bis 10.000 Flüchtlinge in Österreich auf. Laut dem Innenminister befinden sich derzeit noch 611 Bosnier und 2.597 Kosovaren in der Bundesbetreuung.
Schlögl will den Kosovaren noch heuer die Rückkehr zu ermöglichen.