Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der Begriff Prokrastinieren hat keinen guten Ruf. Völlig zu Unrecht. Das Aufschieben von eigentlich anstehenden Tätigkeiten wird oft als eine Art Faulenzerei oder Antriebsstörung angesehen. Es kann jedoch eine höchst motivierende, ja sogar effizienzsteigernde Wirkung haben. Scheut man davor zurück, Sache X zu erledigen, so erzeugt das Aufschieben derselben schlechtes Gewissen. Um dieses in Schach oder im Zaum zu halten, tendieren viele Prokrastinierer dazu, sich stattdessen den oft nur sehr geringfügig mehr geliebten Problembereichen Y und Z zu widmen. Mit viel Elan, Eifer, ja sogar Freude. Hauptsache X kann warten. Hätten sie das ungeliebte Thema gleich behandelt, wäre dieses zwar erledigt gewesen, doch die anderen Aufgaben wären an die erste ungeliebte Stelle nachgerückt und man hätte den Tag damit verbringen, sich von einer ungeliebten Sache in die nächste zu schleppen. Beim Prokrastinieren hingegen bleibt zwar zugegeben eine Aufgabe unerfüllt, der erfahrene Prokrastinierer verbringt seinen Tag jedoch damit, sich freudig, energiegeladen und fantasievoll diversesten Aufgaben zu widmen. Das wiederum kann mitunter dazu führen, dass das ursprünglich aufgeschobene Problem X im Schwung der guten Laune als krönender Tagesabschluss auch noch mitgenommen wird. Was wiederum dazu führen kann, dass zwar die Befriedigung steigt, die Motivation jedoch einen absoluten Tiefpunkt erreicht.
Nur in eine Falle dürfen Prokrastinierer nicht tappen: Auf dem ersten Listenplatz für Problem X beharren. Dadurch wird es zur gigantischen Problemstaumauer. Wenn die dem Druck nachgibt... Kein schöner Anblick.