Das Emissionshandelsgesetz wurde gestern im Ministerrat abgesegnet. Doch erfreut darüber sind nur die Regierungspartner. Opposition und Umweltschützer gehen mit dem vorliegenden Gesetz hart ins Gericht. Für die Grünen-Umweltsprecherin Eva Glawischnig ist das Gesetz eine "Bankrotterklärung für den Klimaschutz, weil keine einzige Tonne Kohlendioxid eingespart wird. Im Gegenteil, Industrie und E-Wirtschaft dürfen ihre Emissionen sogar weiter steigern."
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Umweltminister Josef Pröll und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sind zufrieden. Sie bezeichnen den Entwurf als "sehr gutes Ergebnis". Für Pröll ist klar, dass die Emissionen nicht nur von der Industrie gesenkt werden können. Denn diese habe ihren Schadstoffausstoß in den letzten zwölf Jahren verringert, der Verkehr hingegen wachse ungebremst.
Als einen Schritt zur Verbesserung der Luft will das Umweltressort Biotreibstoffe forcieren, und das schneller als von der EU angeordnet. In den nächsten Wochen soll ein Konzept voliegen. An einer Vereinbarung mit den Bundesländern werde soeben gearbeitet, die vorsieht Wohnbauförderung nur für wärmegedämmte Bauten zu genehmigen. In den nächsten Wochen wird auch mit den Vertretern der Industrie über die Zuteilung der Gratis-Emissionszertifikate verhandelt, die im Allokationsplan festgehalten wird. Jeder Betrieb bekommt am Anfang ein bestimmtes Kontingent von kostenlosen Verschmutzungsrechten zugesprochen. Dieser Plan muss bis Ende März in Brüssel vorgelegt werden.
Bartenstein, der als Umweltminister das strenge Emissionsreduktionsziel von 13% festgelegt hat, macht sich nun für eine Aufweichung dieser Abmachung des Kyoto-Vertrages stark. Die EU müsse Kyoto neu bewerten, da sich Russland und die USA nicht an die Klimaschutzvereinbarungen gebunden fühlen. Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit und diese habe sich in den letzten jahren "nicht zugunsten Europas entwickelt." Klimaschutz ohne Russland und Amerika gehe einfach nicht. Diese Lektion wurde Bartenstein seitens der Industrie mit auf den Weg gegeben, um in Brüssel gegen den EU-weiten Emissionshandel zu lobbyieren.
Der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing beklagt die jährlichen Zusatzkosten in einstelliger Millionenhöhe und droht mit einem Ausbau-Stopp in Österreich sollte das Gesetz in der jetzigen Form beschlossen werden. Lenzing-Vorstand Christian Reisinger überlegt mit neuen Produktionsstätten nach Asien auszuwandern.
Dass die EU-Kommission einem Aufweichen der Reduktionsziele zustimmt, ist unwahrscheinlich. "Kyoto zu sistieren ist das Wunschdenken mancher Industriefunktionäre. Ich halte es für eine Illusion", betont Kommissar Franz Fischler.
Was der Industrie zu scharf formuliert ist, geht den Umweltschützern nicht weit genug. Greenpeace krtisiert die teuren Geschenke an die Industrie von 300 bis 600 Mill. Euro, sollte diese Verschmutzungsrechte für 30 Mill. Tonnen Kohlendioxid gratis bekommen - da jede Tonne zwischen 10 und 20 Euro koste. Der Steuerzahler zahle diese Zeche. Auch der WWF hält nichts von Gratisverschmutzungslizenzen. Für Global 2000 befindet sich Österreichs Energiepolitk angesichts des steigenden Treibhausgasausstosses in einer "fundamentalen Krise": Die Industrie werde von ihren Einsparungsverpflichtungen befreit, obwohl Kyoto in weiter Ferne liege. Die Vorgabe werde derzeit um 23% verfehlt. Die Atomstromimporte nehmen zu, aber von Energiesparen sei nicht einmal mehr die Rede.