Es ist eine "brutale und globale Krise", jeder fünfte Arbeitsplatz in der europäischen Autobranche könnte im schlimmsten Fall heuer verloren gehen: Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn ist zwar selbst wegen einer gut angenommenen Verschrottungsprämie in Frankreich und wegen des Erfolgs der Billigautos seiner rumänischen Tochterfirma Dacia bisher noch vergleichsweise glimpflich davongekommen. Für den Automarkt in Europa sieht er dennoch schwarz, wenn nicht massive Hilfsmaßnahmen kommen: Nach einem Rückgang der Neuwagenverkäufe um ein Viertel im vierten Quartal 2008 werde die Autoproduktion in Europa 2009 um mindestens 15 Prozent fallen. Bereits jeder dritte europäische Zulieferer sei mittlerweile in einer "sehr schwierigen Lage". | Es gelte, die für die Europäische Union "strategische Branche" mit allen Mitteln zu verteidigen, sagte EU-Industriekommissar Günther Verheugen beim Pariser Autogipfel, bei dem die französische Regierung ein bis zu sechs Milliarden Euro schweres Hilfspaket für die heimische Autoindustrie ankündigte.
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Zu "Umstrukturierungen und Konsolidierungen" wird es wohl trotz allem kommen. In Prosa: Angesichts der hohen Überkapazitäten wird ein Teil der bestehenden Werke verschwinden, die Produktion vor allem der kleineren Autos wandert ohnehin schon seit langem von Westeuropa in den billigeren Osten.
Eine Verschrottungsprämie - wie sie bisher bereits acht EU-Länder eingeführt haben und wie sie jetzt auch in Österreich trotz Protesten kommen soll - kann nur ein Instrument von vielen zur Rettung der Branche sein - "ein kleiner Puzzlestein des Konjunkturpakets", wie Bundeskanzler Werner Faymann angesichts der relativ überschaubaren vorgesehenen Summe meinte.
Die Autobranche braucht jetzt vor allem eine finanzielle Ermunterung für die Käufer, die seit dem Spätherbst 2008 einen großen Bogen um die Schauräume der Autohändler machen. Zuckerl wie die Verschrottungsprämie - und noch mehr Steuererleichterungen - haben zwar noch den Zusatznutzen von weniger Abgasen und auch höherer Sicherheit bei den neuen Autos.
Massive Hilfe kann aber nur die Geldspritze bringen. Denn der Käuferstreik passiert nicht wegen falscher Modelle: Der Absatz der derzeit besonders gelobten Hybridfahrzeuge ist in Europa und den USA im Vorjahr gegenüber 2007 ebenfalls zurückgegangen. Auch hohe Spritpreise sind nicht Ursache der Zurückhaltung: Die sind seit ihren Rekordständen im Sommer schon wieder tief gesunken.
Die Autokrise ist in Wahrheit eine Finanzkrise: Es fehlt vor allem an günstigen Krediten. Denn in Europa werden mehr als zwei Drittel der Autos auf Pump oder auf Leasingbasis gekauft werden.