Experte ortet Ungleichbehandlung von Berufsgruppen. | SVB: "Pauschale Bewertung wird rechtlich halten". | Wien. Angesichts der Vorbehalte des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) gegenüber Erbschafts- und Schenkungssteuer gelten auch einige andere Steuern und Abgaben als gefährdet, von den Verfassungsrichtern gekippt zu werden. Schuld daran ist das Bewertungssystem für Grundstücke und Immobilien mittels seit Jahrzehnten kaum an die reale Wertentwicklung angepasster Einheitswerte.
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Ob es zu dem vielzitierten Dominoeffekt kommen wird, bleibt abzuwarten. Zumindest die Bauern, die ihre Sozialversicherungsbeiträge über das Einheitswertsystem berechnen, wollen sich wehren. "Über kurz oder lang wird man auch für die Grundsteuer, die Grundbuchsgebühren und die bäuerliche Sozialversicherung ein neues Bewertungsverfahren brauchen", meint Otto Farny, Steuerexperte der Arbeiterkammer Wien. Er fordert für die Zukunft eine "faire Bewertung" von Grundstücken.
"Bewertung korrekt"
Franz Ledermüller, Generaldirektor der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB), sieht - zumindest in Bezug auf die Versicherungsbeiträge - keine Notwendigkeit, etwas zu verändern: "Bei der Erbschaftssteuer geht es um Werte des Grundvermögens, und bei uns geht es um Ertragswerte."
Der VfGH habe bei Erbschafts- und Schenkungssteuer die Ungleichbehandlung von Grundvermögen und anderen Vermögensformen kritisiert. Im Gegensatz dazu würde die pauschale Beitragsgrundlagenbildung der SVB mittels Einheitswert tatsächlich in Summe die Einkommenssituation der Landwirtschaft korrekt widerspiegeln. Dass es über die Zeit zu "Verschiebungen" zwischen dem festgestellten Flächenwert und dem tatsächlichen Ertragspotenzial kommen kann, bestreitet Ledermüller nicht: "Natürlich waren wir immer der Überzeugung, dass ein Risiko der Aufhebung besteht, wenn jemand Beiträge bezahlt, und sein tatsächliches Einkommen massiv vom pauschal festgestellten Wert abweicht." Deshalb hätten Landwirte, die sich "unsachlich behandelt" fühlen, die Möglichkeit, ihre Beiträge nach dem Einkommensteuerbescheid bemessen zu lassen. Derzeit nutzen diese Option - aus der es kaum ein Rückkehrrecht gibt - jedoch nur 2000 von 170.000 Versicherten.
Selbst wenn Ungleichheiten innerhalb des Systems auf diese Weise abgefedert werden, könnte anderenorts immer noch ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot vorliegen: Martin Binder, Sozialrechtsexperte an der Uni Innsbruck, ortet nämlich eine "gewisse Begünstigung" der Bauern gegenüber anderen Berufsgruppen, da die Einheitswerte "sehr tief" angesiedelt seien. Eine Beanstandung seitens des VfGH würde er "nicht ganz ausschließen".
"Gleiche Belastung"
Ledermüller sieht das nicht so. Im Rahmen von Fusionsgesprächen mit der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft habe man festgestellt, dass Bauern bei gleichem Einkommen die gleiche Beitragsbelastung hätten. Es gebe, so Ledermüller, derzeit kein Verfahren vor dem VfGH. Sollte es aber zu einem kommen, werde man "den Nachweis für die Sachlichkeit des Systems führen können."