Die Sozialversicherung als solidarische Selbsthilfe. | Nur Experten verstehen das Gesetz. | Wien. Das 50-jährige Bestehen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) wurde am Freitag mit einer Feierstunde im Parlament begangen. Das ASVG ist eines der wichtigsten Gesetze und regelt die soziale Sicherheit unserer Gesellschaft. Allerdings hat es den Nachteil, dass es nur noch von ausgewiesenen Experten im Detail verstanden wird. Entsprechend der Fülle der Aufgaben wurde das ASVG bisher 220 Mal geändert, 64 Änderungen wurden als Novelle erlassen. Demnächst folgt die 65. Novelle.
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Unter Sozialminister Josef Hesoun (1990-95) wurde der Versuch unternommen, eine Vereinfachung vorzunehmen. Der Versuch ist gescheitert.
Das Gesetz ist - abgesehen von seiner Komplexität - unumstritten, jede Berufsgruppe fällt hinein. Diskutiert wird lediglich darüber, wie die Finanzierung bei immer mehr Leistungen und Anspruchsberechtigten aufrecht erhalten werden kann.
Derzeit wird die Finanzierung über die Lohnsumme gerechnet. Das bedeutet, dass Arbeit der wichtigste Faktor zur Aufrechterhaltung des Versicherungsprinzips ist. In Zeiten vermehrter Arbeitslosigkeit gerät das System unter Druck. Hinzu kommt die demographische Entwicklung: Die Lebenserwartung der Männer ist in den vergangenen 30 Jahren von 75 auf 80 Jahre, die der Frauen von 80 auf 84 Jahre gestiegen. Der Pensionsbezug hat sich bei Männern von 14 auf 21 Jahre und bei Frauen von 19 auf 27 Jahre erhöht.
Dennoch hielt der frühere deutsche Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) bei der Festveranstaltung ein Plädoyer für die Koppelung der Beiträge an ein Arbeitsverhältnis, denn ein Sozialsystem, das auf Steuern aufbaue, werde leicht zu einem Fürsorgesystem und daher zu einem Gnadenakt. Soziale Sicherheit müsse als solidarische Selbsthilfe, nicht als fürsorgliche Zuteilung organisiert sein.