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Versicherungen wollen verstärkt im Revier der Pensionskassen wildern

Von Herbert Hutar

Wirtschaft

Selbes Prinzip wie Lebensversicherung. +++ Nur geringer Teil des Geldes wird in Aktien veranlagt. | Im Vorjahr knapp 15.000 Anwärter auf Kollektiv-Pension. | Wien. Die Pensionskassen haben Konkurrenz bekommen: Auch die Versicherungen beackern den Markt der betrieblichen Altersvorsorge. Die Betriebliche Kollektivversicherung (BKV) ist seit Ende 2005 in Österreich zugelassen. Sie ist eine Gruppen-Rentenversicherung und funktioniert nach dem Prinzip der Lebensversicherung. Die steuerlichen Voraussetzungen sind dem Pensionskassensystem angeglichen, vieles ist aber anders.


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Grundlage ist bei beiden eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, es kann aber auch ein Kollektivvertrag sein oder eine Einzelvereinbarung. Die Leistungen: Lebenslange Alterspension, Witwen- und Witwerpension sowie eine temporäre Waisenpension.

Die Versicherungen werben vor allem mit der Stabilität der Kollektivversicherung gegenüber den starken - in der letzten Zeit fast nur nach unten ausschlagenden - Schwankungen bei den Pensionskassen.

Dabei kann sich die Betriebliche Kollektivversicherung auf den Deckungsstock der jeweiligen Versicherungsgesellschaft stützen, dessen Hauptmerkmal eine langfristige und besonders konservative Anlagestrategie ist. Selbst am Höhepunkt des Aktienbooms 1999 hatten die Versicherungen nur knapp 10 Prozent Aktien im Portfolio.

"Funktioniert trotz Krise"

Während die Pensionskassen mit ihren wesentlich höheren Aktienbeständen von bis zu 40 Prozent im Jahr 2008 rund 1,7 Milliarden Euro verbrannt hatten - was ziemlich ungebremst zu Pensionskürzungen führte -, konnten die Versicherungen ihre Kunden mit 4,5 Prozent Gewinnbeteiligung beruhigen.

"Die Lebensversicherung funktioniert eben auch in der Krise", sagt Louis Norman-Audenhove, Generalsekretär des Versicherungsverbandes.

Das Risiko der Altersvorsorge lässt sich am sogenannten Rechnungszins ablesen. Je höher der Rechnungszins, desto höher muss der Kapitalertrag sein, um eine stabile Auszahlung zu erzielen.

Die Finanzmarktaufsicht hat für die Pensionskassen 2004 einen Plafond von 3,5 Prozent eingezogen. Für Kurt Ebner, Aktuar in der Vienna Insurance Group, ist das immer noch zu viel. Er meint, die maximal 2,25 Prozent, die in der Versicherungswirtschaft gelten, seien genug. Dies ist zwar beruhigend für Pensionisten, die auf regelmäßige Bezüge pochen, aber doch ein gewisses Limit bei den Erträgen.

Jedoch gilt: Die Garantie der Versicherungen errechnet sich nicht aus der Summe der eingezahlten Prämien, sondern aus dem tatsächlich veranlagten Kapital. Verwaltungskosten und andere Aufwendungen fressen vor der Veranlagung noch einen erklecklichen zweistelligen Prozentsatz weg. In den Plänen für ein neues Pensionskassengesetz ist ein späterer Umstieg auf weniger Risiko - in der Pensionskasse selbst oder mit einem Wechsel in die Betriebliche Kollektivversicherung - vorgesehen. Aber dieses Lebensphasenmodell soll erst Anfang nächsten Jahres mit dem neuen Pensionskassengesetz in Kraft treten.

Bei so viel Sicherheit fragt man sich: Wo ist der Haken? Da gilt der Grundsatz: Sicherheit kostet Geld. Otto Farny, Steuer- und Pensionsexperte in der Arbeiterkammer, schätzt, dass bei einem gleich hohen angesparten Kapitalstock die Zusatzrente in der Betrieblichen Kollektivversicherung um rund ein Viertel geringer ausfällt als bei einem Pensionskassenvertrag mit einem Rechnungszins von 3,5 Prozent.

Schleppender Start

"Das gilt aber nur für die Anfangspension", wendet Ulrike Braumüller vom Versicherungsverband ein, "bei den Pensionskassen sinkt die Auszahlung ständig, wenn der Rechnungszins nicht erreicht wird, bei der BKV nicht, im Gegenteil, die stabile Veranlagung führt zu Gewinnbeteiligungen, die den Pensionisten gutgeschrieben werden. Die ausgezahlte Gesamtsumme sollte sich im Lebenszyklus ausgleichen."

Eine vom Versicherungsverband vorgelegte Übersicht zeigt: Tatsächlich ist die Anfangspension beim Versicherungsmodell deutlich geringer. Aber schon der erste Börsencrash 2002/03 hat bei den monatlichen Auszahlungen die Betriebliche Kollektivversicherung auf die Überholspur gebracht, während die Pensionskassenbezieher empfindliche Pensionskürzungen hinnehmen mussten.

Die Summe der Pensionsleistungen ist nach knapp 10 Jahren trotzdem geringfügig hinter den Werten der Pensionskassen zurückgeblieben. Das Krisenjahr 2008 ist in dieser Rechnung aber noch nicht enthalten.

Die Betriebliche Kollektivversicherung hatte einen schleppenden Start: Bis 2008 konnte sie nur knapp 15.000 Pensionsanwärter übernehmen. Die Pensionskassen konnten die Zahl der Anwärter seit 2006 um knapp 50.000 auf etwas über 500.000 Personen steigern. Hier sind auch Neuzugänge von Beschäftigten zu Firmen enthalten, die einen alten Pensionskassenvertrag haben.

Einen beachtlichen Schub erwarten die Pensionskassen - genauer die Bundespensionskasse - für heuer, wenn rund 91.000 Beamte und Vertragsbedienstete einsteigen. Der Wunsch der Versicherungen, dass die Bundesbediensteten auch in die Betriebliche Kollektivversicherung wechseln können, blieb unberücksichtigt.