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Das offizielle Österreich gedachte am Mittwoch in einer Feierstunde im Reichsratssaal des Parlaments der Opfer des Nationalsozialismus. Im Zentrum stand der seit zehn Jah ren bestehende Nationalfonds. Auf Auszahlungen aus dem Allgemeinen Entschädigungsfonds aus dem Jahr 2001 müssen die Opfer aber noch warten, weil die Sammelklagen in den USA noch nicht eingestellt sind. US-Verhandler Stuart Eizenstat versprach, sich gegen die "gewissenlose Verzögerung" einzusetzen.
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Der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen, der 5. Mai, wird als Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus begangen, heuer unter dem Titel "Wege der Versöhnung. 10 Jahre Nationalfonds". 1995 hat die Regierung den Nationalfonds geschaffen, der mit 30.000 Opfern des NS-Regimes in 78 Staaten Kontakt aufgenommen und als finanzielle "Geste" 5.000 Euro an jeden Betroffenen ausgezahlt hat.
Nicht über die späte finanzielle Zuwendung freuen sich die Opfer, sondern über die Anerkennung ihres Opferstatus und darüber, dass Österreich sie nicht vergessen hat. Vele berührende Briefe sind seither bei Generalsekrtärin Hannah Lessing eingegangen. So schrieb eine rassisch verfolgte Frau - einzige Überlebende ihrer Familie - 1995 aus den USA: "Ihr Brief erreichte mich wenige Tage vor meinem 88. Geburtstag. Es ist für mich wie das schönste Geschenk eines für immer verloren geglaubten Freundes. (…) Ihr großzügiges Geldgeschenk werde ich nur verwenden für Dinge, die ich mir sonst nicht leisten konnte, wie einen schönen, langen Urlaub in der Heimat nach nahezu 60 Jahren. (…) Sie haben eine alte Frau sehr glücklich gemacht."
Ein rassisch verfolgter Mann (USA) schrieb: "Als Überlebende und eingedenk der vielen, denen dies nicht gestattet war, sind wir dankbar dafür, dass jetzt, mehr als 58 Jahre nach den Nazigreuel, eine neue, junge Generation von Österreichern die Wahrheit erkannt hat und den Mut hatte, zu sagen: Es tut uns leid."
Auch NS-Opfer, die bei den Feierlichkeiten im Parlament anwesend waren, sind beeindruckt: "Man nimmt es an von der jungen Generation", sagte Kurt Ladner, der aus dem Konzentrationslager zwar nach Wien zurückgekehrt, aber nur wenige Jahre später in die USA ausgewandert ist, zur Frage einer Versöhnung. "Aber wie kann man der alten Generation vergeben?"
Kritik gab es allerdings daran, dass die Auszahlungen aus dem Entschädigungsfonds für ehemalige Zwangsarbeiter und Opfer des Vermögensraubs auf sich warten lassen. Eisenstat, der auf Seiten der USA die Eintschädigungsvereinbarungen verhandelt hatte, will sich nun dafür einsetzen, dass die zwei Sammelklagen rasch beigelegt werden, damit die Opfer ihr Geld endlich erhalten, ehe es zu spät ist. Vor der Auszahlung müssen allerdings auch alle 19.000 Anträge geprüft werden. Anerkennung fand Eizenstat für die Rolle Österreichs bei der Auseinandersetzung mit seiner traurigen Geschichte.