Palästinenser-Präsident Mahmoud Abbas will den Friedenprozess so lange fortsetzen, "bis ein Palästinenserstaat mit der Hauptstadt Jerusalem errichtet ist", wie er unlängst meinte. Dies gelte unabhängig davon, wer in Washington und Tel Aviv regiere. Neben den so angesprochenen USA und Israel gibt es aber noch einen weiteren Faktor, der den Friedensprozess behindert - die Spaltung der Palästinenser selbst. | Zur Zeit wird wieder einmal Kurs auf Versöhnung zwischen den verfeindeten Fraktionen Hamas und Fatah genommen. In Kairo kamen Funktionäre beider Seiten zusammen, die ein Treffen am 4. November am gleichen Ort vorbereiten sollen. Ziel ist die Beseitigung der Zerrissenheit, die offenkundig ist, seit die Hamas im Juni 2007 putschartig die Macht im Gaza-Streifen übernommen hat. Schon im Vorfeld gab es aber Signale, die diese Versuche als wenig aussichtsreich erscheinen lassen.
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Denn am Mittwoch hätte Abbas Präsidentschaftswahlen ausschreiben müssen. Der Präsident will indessen davon nichts wissen und auch nach dem regulären Ende seiner Amtszeit am 8. Jänner 2009 noch ein Jahr im Amt bleiben, bis auch das Parlament neu zu wählen wäre. In diesem Legislativrat hatte 2006 die Hamas die absolute Mehrheit gewonnen, das Gremium ist aber nach den blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hamas und der Fatah von Abbas nicht existent. Abbas regiert nur das Westjordanland mit einem parlamentarisch nicht legitimierten Notstandskabinett und mittels Dekreten.
Momentan könne es im Gazastreifen keine freien Wahlen geben, lautet die Begründung für die Verzögerungstaktik des Präsidenten. Die Hamas will dies naturgemäß nicht hinnehmen. Sie hat gedroht, Abbas nach dem 8. Jänner nicht mehr als Präsident anzuerkennen und einen Übergangspräsidenten einzusetzen, der seinerseits Wahlen innerhalb von 90 Tagen anordnen soll.
Noch ist unklar, ob diese Drohung nur als Druckmittel in den anstehenden Versöhnungsgesprächen dienen soll. Käme es aber zu dem von der Hamas skizzierten Szenario, gäbe es plötzlich zwei palästinensische Präsidenten. Die Kluft zwischen den Lagern würde sich damit so vertiefen, dass sie kaum mehr überbrückbar ist.
Zudem käme Abbas sein Atout als Friedensverhandler abhanden, nämlich die Legitimation als einziger gewählter Präsident. Und beim palästinensischen Volk gälte er als einer, der das Gesetz zu seinen Gunsten beugt. Das wiederum könnte radikale Moslems im Westjordanland stärken.
Dies hat wohl auch Israels designierte Regierungschefin Tzipi Livni im Auge, die sich gerade um eine neue Koalition bemüht, wenn sie meint, ihr Land müsse bei den Friedensverhandlungen aufs Tempo drücken. Weitere Verzögerungen würden nur die gemäßigten Kräfte in Nahost schwächen, sagte sie.