Zum Hauptinhalt springen

Versorgung versus Verbot

Von Matthias Nagl

Politik

Salzburg richtet eine Notunterkunft ein, Oberösterreich verschärft das Bettelverbot.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Salzburg. Ziemlich genau zwei Jahre ist es nun her, dass der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das Salzburger Bettelverbot aufgehoben hat. Bereits drei Monate später beschloss der Landtag ein neues, entschärftes und verfassungskonformes Bettelverbot, doch die Diskussionen über die Bettelei hat das nicht beendet. Sie wurde jüngst im "Runden Tisch Betteln" von der neuen Vizebürgermeisterin Anja Hagenauer (SPÖ) institutionalisiert. Am Montag präsentierte das Gremium seine Vorschläge.

Die Stadt Salzburg will sich demnach in Sachen Bettelei in Zukunft auf sozialpolitische statt auf gesetzliche Maßnahmen konzentrieren. "Mit einer weiteren gesetzlichen Regelung werden wir die Situation nicht verbessern", sagt Hagenauer. Stattdessen soll als erste sozialpolitische Maßnahme eine Basisversorgung für Bettler eingerichtet werden. Diese umfasst eine ganzjährige Notunterkunft mit Möglichkeit zur Körperhygiene für 40 bis 50 Armutsreisende, Bekleidung und eine Basisberatung, um mit den Bettlern in Kontakt zu treten.

Zwar gab es beim runden Tisch auch eine ordnungspolitische Arbeitsgruppe, deren Vorschläge werden vorerst aber wohl nicht umgesetzt. Als Möglichkeiten im Einklang mit der Verfassung wurden ein sektorales Bettelverbot, ein Verbot gewerbsmäßiger Bettelei sowie ein Anmeldesystem für Bettler vorgeschlagen. Ein sektorales Bettelverbot, das die Stadt per Verordnung erlassen könnte, wurde vom Gemeinderat allerdings unlängst abgelehnt.

Neues Gesetz inOberösterreich ab Donnerstag

Eine neuerliche Abstimmung dieser ÖVP-FPÖ-Initiative hält Hagenauer zwar für müßig, zu einer abgeschwächten Variante zeigt sie sich aber gesprächsbereit. Auch ein Anmeldesystem ist für sie prinzipiell vorstellbar. Ein gewerbsmäßiges Bettelverbot müsste der Landtag beschließen, aktuell gibt es von der Landesregierung aber keine Bestrebungen das zu tun. Aktuell ist in Salzburg sowohl aufdringliches als auch organisiertes Betteln verboten.

Bis Donnerstag wird das auch in Oberösterreich noch so sein, dann wird dort das Bettelverbot verschärft. Anders als in Salzburg wurde dort die Landesregierung von sich aus aktiv. Auf eine Kampagne der "Kronen Zeitung" hin berief Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) einen runden Tisch ein, Ergebnis ist das Verbot des gewerbsmäßigen Bettelns, das am Donnerstag mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und FPÖ beschlossen wird.

Meinungswandel derSPÖ Oberösterreich

Die oberösterreichische SPÖ hat unter der neuen Führung, Landeshauptmann-Stellvertreter Reinhold Entholzer und Bürgermeister Klaus Luger, ihren Kurs geändert. Bei der Einführung des ersten Bettelverbots vor gut drei Jahren stimmte sie mit den Grünen noch dagegen und brachte das Gesetz vor den VfGH, wo die Regelung allerdings hielt.

Die "Kronen Zeitung" spielt wiederum auch in der Salzburger Diskussion eine prominente Rolle. Als vergangene Woche die ganze Bandbreite sozialpolitisch möglicher Maßnahmen samt möglicher Kosten bekannt wurde, titelte das Blatt empört: "Eine Million für die Bettler!" Das stand freilich nie zur Debatte. Die Kosten für die nun angedachten Maßnahmen seien "weit weg von den in den Medien genannten Beträgen", versicherte Hagenauer. Neben der Stadt werden sich auch das Land und die Caritas an der Finanzierung beteiligen.

Die Stadt-Opposition aus ÖVP und FPÖ kritisierte den eingeschlagenen Weg und will eine gesetzliche Verschärfung. Da es keine Ausweitung des Bettelverbots gebe, sei der runde Tisch gescheitert, sagte ÖVP-Vizebürgermeister Harald Preuner. Für FPÖ-Klubobmann Andreas Schöppl ist die Stadtpolitik "vor der Bettel-Lobby in die Knie gegangen".

Oberösterreich geht im Gegensatz zu Salzburg den umgekehrten Weg und überlegt nach der gesetzlichen Verschärfung sozialpolitische Maßnahmen. Sozial-Landesrätin Gertraud Jahn (SPÖ) will die Sozialvereine ins Boot holen. "Es geht darum, die Notversorgung für existenzielle Bedürfnisse wie Körperpflege, Essen und Bekleidung sicherzustellen. Wichtig ist auch die Stärkung der Kooperation zwischen den Sozialvereinen und der Exekutive", sagt die Landesrätin.

Diskussionen auch inInnsbruck entflammt

Auch in Innsbruck ist die Diskussion über die Bettler im Frühjahr wieder aufgeflammt, nachdem die Landesregierung das absolute Bettelverbot in ein Verbot des aufdringlichen, organisierten und gewerbsmäßigen Bettelns umgewandelt hatte. Nun werden verschiedene zusätzliche Maßnahmen geprüft, Ergebnisse sollen in den nächsten Wochen vorliegen. In der Steiermark waren Bettelverbote auch lange Zeit ein politischer Dauerbrenner, seit Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) einem verschärften Bettelverbot vor gut einem Jahr eine Absage erteilt hat, ist es um dieses Thema ruhig. Aufdringliches Betteln und Betteln mit Minderjährigen ist auch in der Steiermark verboten.

In Wien ist Betteln in bestimmten Formen verboten, etwa aufdringliches, gewerbsmäßiges oder aggressives Betteln. Gleiches gilt für Kärnten. In Niederösterreich steht das gewerbsmäßige Betteln, Betteln von Tür zu Tür und Betteln mit Minderjährigen unter Strafe. In Vorarlberg sind seit Oktober nur mehr bestimmte Formen des Bettelns und nicht mehr Betteln an sich verboten.