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Versorgungssicherheit steht auf dem Spiel

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die stundenlangen Stromausfälle der jüngsten Vergangenheit - zuletzt in Skandinavien und Italien - sind Wasser auf die Mühlen der heimischen Energieerzeuger. Denn auch in Österreich stünde mittlerweile die Versorgungssicherheit auf dem Spiel, warnt der Verband der Elektrizitätsunternehmen Österreichs (VEÖ). Am Sonntag konnte mit knapper Not und Hilfe der deutschen Energieversorger ein Blackout verhindert werden. Schuld an dieser Entwicklung sei die EU-weite Liberalisierung sowie die Teilung einstmals integrierter Unternehmen.


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Die Stromausfälle seien eine Folge des neuen Systems, das der Energiewirtschaft im Zuge der Liberalisierung aufgebürdet worden war. "Früher waren die Versorger auf die nationalen Bedürfnisse ausgerichtet und nicht auf den Transfer des Stroms ins Ausland." VEÖ-Präsident und Verbund-Vorstand Michael Pistauer gibt zu bedenken, dass sich zwar die Marktverhältnisse, nicht aber die Infrastrukur geändert hätten. Das heißt, dass die Stromnetze seit der Marktöffung den Transport der Energie über hunderte Kilometer bewerkstelligen müssen, für diesen Zweck aber nie errichtet wurden. Obendrein habe sich durch das sogenannte Unbundling - die Trennung einst integrierter Unternehmen in Erzeugung, Netz und Vertrieb - die Situation dramatisch verschärft. In manchen Ländern wie Italien sind Produktion, Leitungen und Verkauf sogar in völlig verschiedenen Händen, und jedes Unternehmen verfolgt unterschiedliche Interessen. "Das neue Modell ist dadurch viel komplexer und krisenanfälliger als das alte," erklärt Bruno Wallnöfer, Vorstand der Tiroler Wasserkraft (Tiwag). So werden Kraftwerke nur mehr hochgefahren, wenn der Strompreis hoch genug ist, stattdessen versuchen die Erzeuger ihren Bedarf günstig über den Handel abzudecken. Fällt eine Stelle im Netz wegen eines Unfalls aus, sind ganze Regionen plötzlich ohne Strom. "Ausfälle gab es auch früher, doch sie waren lokal begrenzt. Durch die zunehmende Vernetzung der europäischen Elektrizitätswirtschaft kommt es zu unabsehbaren Kettenreaktionen mit großen, lang andauernden Ausfällen," berichtet der technische Vorstand der EVN, Peter Layr. Sollte das Unbundling-Gesetz in Österreich restriktiv ausfallen, dann "ist auch in Österreich gehäuft mit Großausfällen zu rechnen".

Regulator plant Pönale bei Ausfällen à la Norwegen

Die Versorger laufen gegen die von der Regulierungsbehörde geplanten Netztarifsenkung von im Schnitt 5% Sturm. Dass diese ab heute in Kraft tritt, konnte in letzter Minute verhindert werden. Derzeit finden Verhandlungen statt. Wallnöfer spricht von "ruinösen Tarifen", die ohne Begründung vorgelegt würden: "Jeder Prozentpunkt weniger macht 25 Mill. Euro aus." Dies führe zu Rechts- und Planungsunsicherheit der Stromversorger, die Notfalls gegen die Vorgabe den Verfassungsgerichtshof bemühen würden. Regulator Walter Boltz zeigt sich indes zuversichtlich, dass die Tarifreduktion ab 1. November in Kraft tritt. Die nächste Senkung soll mit Jahresbeginn folgen. Im Rahmen dieses Benchmarking-Systems will Boltz auch die Versorgungssicherheit neu regeln, wie er gegenüber der "Wiener Zeitung" betont. Sollte ein Stromausfall ein gewisses Ausmaß überschreiten, müssen die Verursacher künftig mit einem Pönale rechnen. Als Vorbild diene hierbei Norwegen, wo die Versorger die Kunden entschädigen müssen.