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Nachrufe im Fernsehen sind meist Pflichtübungen zur Bedienung der Etikette. Das einfühlsame Porträt, das Gerhard Jelinek für ORF2 am Sonntag zum Tod von Ernst Wolfram Marboe gestaltet hat, war das genaue Gegenteil. Hier wurde der Lebensbogen eines kreativen Medienkünstlers ausgebreitet, der es verstand, für seine Ideen zu begeistern und sie temperamentvoll und konsequent auch gegen so manche Widerstände zu verwirklichen. In oft faszinierenden Bildfolgen wurde nachgezeichnet, wie er vom "Café Central", mit dem er "Österreich in die Welt und die Welt nach Österreich" brachte, bis zur weltweit einmaligen Sozialaktion "Licht ins Dunkel" mit Kurt Bergmann nicht nur Maßstäbe setzte, sondern auch gesellschaftliches Umdenken bewirkte, indem er Empathie zu einem gelebten Wert machte. "Verspotte dich täglich, du lebst länger", war eine seiner, vom Vater übernommen Lebenshaltungen, wobei der bisweilen sarkastische Humor nicht fehlte. Jelineks Nachruf wurde Marboe voll gerecht, dem "genialen Fernsehpionier und unermüdlichen Kulturbotschafter, der sich im In- und Ausland einen verdienten Namen gemacht hat" (so der ORF-Text zur Sendung). Ein gekonnter Beitrag, der nicht nur vieles in Erinnerung rief, sondern auch dazu beiträgt, dass Ernst Wolfram Marboe vielen länger in positiver Erinnerung bleiben wird. Einziger Wermutstropfen war die vorangestellte von Generaldirektor Alexander Wrabetz verlesene Pflichtübung, von der man nur hoffen kann, dass sie nicht allzu viele zum Wegzappen veranlasst hat.