Zum Hauptinhalt springen

Versprochen ist versprochen

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Einsetzung von U-Ausschüssen als Minderheitenrecht seit 2009 versprochen, aber "SPÖ blockiert Einigung".


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. "Was kommt als Nächstes? Ein Volksbegehren gegen schlechtes Wetter?" So und ähnlich hämisch fielen am Montag auf Twitter viele Reaktionen auf die Ankündigung der Grünen aus, ein Volksbegehren gegen Korruption zu starten. "Da kann man ja gleich ein Volksbegehren gegen alles Schlechte machen", so ein anderer Twitterer.

Glawischnig unterschrieb gleich. Für Pilz wären weniger als 250.000 Unterschriften ein "undenkbarer Misserfolg".
© Korschil/Grüne

Das kommt vielleicht später, aber bis zur Nationalratswahl in einem Jahr setzen die Grünen ganz auf das Thema Korruption. Mittels Volksbegehren soll der Druck auf die Koalition erhöht werden, in Sachen Korruptionsbekämpfung strengere Regeln zu schaffen, wie Bundessprecherin Eva Glawischnig am Montag vor Journalisten erklärte.

Kernforderung der Grünen ist die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht. Seit Sommer 2009, als die Regierung die Opposition zur Lockerung des Bankgeheimnisses brauchte, wurde das versprochen - samt Unterschriften der Klubobleute von SPÖ und ÖVP, Josef Cap und Karlheinz Kopf. Während die ÖVP anfangs auf der Bremse stand, stehe Kopf nun zu seiner Unterschrift, so die grüne Ex-U-Ausschussvorsitzende Gabriela Moser. "Das Problem ist die SPÖ", assistiert Peter Pilz. Offizielle Begründung der Sozialdemokraten: keine Einigung über die Art der Streitbeilegung, ob über Verfassungsgerichtshof oder parlamentsintern.

Die Frage der Streitschlichtung steht auch auf einer von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) an die Fraktionen übermittelten Liste an Dissens-Punkten, die einer Reform der Untersuchungsausschüsse im Wege stehen. Prammer wünscht sich eine Änderung noch in dieser Legislaturperiode.

Das dauert den Grünen zu lange. Sie fordern die Umsetzung der U-Ausschüsse als Minderheitenrecht - und zwar in Bund und Ländern - bis 10. März. Falls nicht, werde dann der Einleitungsantrag für das Volksbegehren gestellt - die Eintragungsfrist wäre dann fix vor einem Wahltermin im Herbst. Bis 10. März werden die nötigen 8032 Unterstützungserklärungen gesammelt.

Schutz für "Whistleblower"

Beim Volksbegehren wird es aber nicht nur um die U-Ausschüsse gehen. So wird gefordert, dass illegale Parteifinanzierung zu einem Straftatbestand wird. Auch brauche es eine Regelung für "Whistleblower": Personen, die über Missstände informieren, müssten straf-, zivil- und arbeitsrechtlich geschützt werden, so Pilz. Gefordert wird zudem die Schaffung eines Bundesstaatsanwalts, der die Justizministerin in der Weisungskette ersetzt, und die Verdoppelung der Mittel im Kampf gegen Korruption.

U-Ausschüsse als Minderheitenrecht sind laut Glawischnig eine "Conditio sine qua non". Sollte die Koalition bis 10. März diese Forderung erfüllen - wobei Glawischnig das deutsche Modell gut gefällt -, werde man die Lage neu bewerten. Rein wahlkämpferisch ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Grünen auf die Volksbefragung verzichten.

In der Eintragungswoche sollen dann mindestens 250.000 Unterschriften herausschauen - die Grenze, ab der laut grünem Konzept Volksbegehren automatisch zu Volksabstimmungen führen sollen. Weniger Unterschriften wären für Pilz ein "undenkbarer Misserfolg".

Voggenhuber empört

Noch am Montag unterschrieben dann zahlreiche Grüne in Anwesenheit eines Notars die Unterstützungserklärung für die Volksbefragung. Zumindest auf das Autogramm eines alten Mitstreiters werden sie aber wohl verzichten müssen. Auf seiner Facebook-Seite ließ Ex-Europaabgeordneter Johannes Voggenhuber kein gutes Haar an der Aktion seiner Parteifreunde. Diese sei "Um nichts besser als Pröll und Häupl und deren Missbrauch der Volksbefragung zur Wehrpflicht als Wahlkampfgag." Was Voggenhuber besonders ärgert: Zuerst hätten die Grünen das von ihm initiierte Volksbegehren "MeinOE" nicht unterstützt, dann aus einem Punkt daraus ein eigenes Volksbegehren initiiert. Das sei "plumper Populismus".

Wissen
Als Vorbild für eine mögliche Reform der Untersuchungsausschüsse wird immer wieder das deutsche Modell genannt. Im Bundestag hat eine Minderheit von 25 Prozent der Abgeordneten das Recht, einen U-Ausschuss einzuberufen.

Auch Beweise und Zeugen können von der Minderheit beantragt werden, womit die Regierung die Untersuchung nicht blockieren kann.

Über Streitfälle entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Ein derartiges Organstreitverfahren lehnt die SPÖ ab.

Das deutsche Modell kennt anders als das österreichische keine Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes. Im Prinzip kann alles, was im öffentlichen Interesse ist, Gegenstand der Untersuchung werden, auch Privatunternehmen. Beschränkungen gibt es aber bei Verfassungswidrigkeit.

Der deutsche U-Ausschuss hat deutlich mehr Zwangsmittel zur Verfügung als der österreichische - etwa, wenn ein Zeuge unzulässigerweise die Aussage verweigert oder angeforderte Beweismittel nicht herausgerückt werden: Geldstrafen bis zu 10.000 Euro kann der Ausschuss selbst verhängen, Beugestrafen (bis zu sechs Monate Haft), Beschlagnahme und Hausdurchsuchungen können beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes (entspricht dem österreichischen OGH) beantragt werden. In Österreich sind nur Geldstrafen bis zu 1000 Euro möglich, die müssen bei Gericht beantragt werden. Hausdurchsuchungen und Beugehaft sind hierzulande ausgeschlossen.

Wissen:
Als Vorbild für eine mögliche Reform der Untersuchungsausschüsse wird immer wieder das deutsche Modell genannt. Im Bundestag hat eine Minderheit von 25 Prozent der Abgeordneten das Recht, einen U-Ausschuss einzuberufen.
Auch Beweise und Zeugen können von der Minderheit beantragt werden, womit die Regierung die Untersuchung nicht blockieren kann.
Über Streitfälle entscheidet das Bundesverfassungsgericht. Ein derartiges Organstreitverfahren lehnt die SPÖ ab.
Das deutsche Modell kennt anders als das österreichische keine Beschränkung des Untersuchungsgegenstandes. Im Prinzip kann alles, was im öffentlichen Interesse ist, Gegenstand der Untersuchung werden, auch Privatunternehmen. Beschränkungen gibt es aber bei Verfassungswidrigkeit.
Der deutsche U-Ausschuss hat deutlich mehr Zwangsmittel zur Verfügung als der österreichische – etwa, wenn ein Zeuge unzulässigerweise die Aussage verweigert oder angeforderte Beweismittel nicht herausgerückt werden: Geldstrafen bis zu 10.000 Euro kann der Ausschuss selbst verhängen, Beugestrafen (bis zu sechs Monate Haft), Beschlagnahme und Hausdurchsuchungen können beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes (entspricht dem österreichischen OGH) beantragt werden. In Österreich sind nur Geldstrafen bis zu 1000 Euro möglich, die müssen bei Gericht beantragt werden. Hausdurchsuchungen und Beugehaft sind hierzulande ausgeschlossen.