ÖVP-Kreise gehen davon aus, dass kein Paket mehr kommt. | Finanzministerium widerspricht. | Wien. Eigentlich war der Donnerstag die von der Regierung selbst gesetzte letzte Frist, um geplante Vorhaben vor der Nationalratswahl noch in den Ministerrat zu bringen. Auffällig ist dabei, dass das seit Monaten angekündigte KMU- oder Mittelstandspaket, das steuerliche Erleichterungen für Klein- und Mittelbetriebe bringen sollte, nicht eingebracht wurde. Ursprünglich war in diesem Zusammenhang die Rede von Investitionsförderungen für Umweltmaßnahmen und steuerlichen Entlastungen für so genannte "Einnahmen-Ausgaben-Rechner". Das sind in der Regel Einzelunternehmer mit so geringen Umsätzen, dass sie keine Bilanz legen müssen.
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Was ist aus dem Mittelstandspaket geworden? Ein Rundruf der "Wiener Zeitung" brachte nur zurückhaltende Reaktionen. Zitiert werden wollte im Zusammenhang mit dem geplanten Paket niemand. Ein hochrangiger ÖVP-Politiker sagt: "Ich habe das Wort "Mittelstandspaket" zuletzt gar nicht mehr in den Mund genommen. Es dürfte davon kaum etwas übrig bleiben."
In den Verhandlungen mit dem Finanzministerium habe sich zuletzt abgezeichnet, dass lediglich die steuerliche Entlastung für "Einnahmen-Ausgaben-Rechner" Chancen auf Verwirklichung hätte. Doch die Modelle für deren Verwirklichung seien bis zuletzt strittig gewesen. Will die Regierung hier noch Maßnahmen setzen, so ginge das wegen der parlamentarischen Fristen nur mehr über einen Initiativantrag im Parlament.
Kein Vorwurf der Klientelpolitik
In ÖVP-Wirtschaftskreisen mutmaßt man, dass Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und das Finanzministerium derzeit wenig politischen Bedarf für steuerliche Entlastungsmaßnahmen für Unternehmer sehen. Der Wahlkampf laufe gut. Die ÖVP liege nach dem Bawag-Skandal in den Umfragen in Führung. Und auch thematisch sei man derzeit gut aufgestellt. Wenn nun ein Paket mit steuerlichen Entlastungen für Unternehmer käme, könnte die ÖVP zwar bei den knapp 100.000 Einnahmen-Ausgaben-Rechnern punkten, die direkt profitieren würden. Vor der überwiegenden Mehrheit der Wähler würde man sich aber dem Vorwurf der Klientelpolitik für Unternehmer aussetzen, nachdem schon im Rahmen der letzten Steuerreform die Körperschaftssteuer stark gesenkt wurde. Abgesehen davon, würde man indirekt die Kritik der SPÖ bestätigen, dass die Steuerreform nur den großen Konzernen etwas gebracht hätte, den Kleinunternehmen aber nichts.
Aus dem Finanzministerium kommt heftiger Widerspruch. "Alles Unsinn." Allerdings will auch dort niemand zitiert werden. Es werde, wie geplant, ein KMU-Paket geben, heißt es aus dem Ministerium. Dieses werde entweder in der nächsten oder in der übernächsten Woche in den Ministerrat eingebracht werden. Also erst nach der letzten Frist für Regierungsvorhaben? Antwort: Es gebe immer die Möglichkeit eines Initiativantrages. Außerdem gelte die Frist nur für Vorhaben, bei denen mit einem Einspruch des Bundesrates zu rechnen sei. Bei einer steuerlichen Entlastungsmaßnahme rechne man aber nicht damit.